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Wahl-Listen

Von Reinhard Göweil

Leitartikel

"Unsere Werte und Ideen zum Wohle der Menschen, nicht persönliche Interessen, bilden die Grundlage für unser politisches Handeln." Das deklarierte der ÖVP-Parlamentsklub am Mittwoch. Das extra sagen zu müssen, ist traurig genug, denn genau dafür sitzen die Abgeordneten eigentlich im Parlament.


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Nun, wenn die trotzdem formulierten Grundsätze auch für EU-Parlamentarier aus Österreich gelten, dann wird es der Strasser-Nachfolger Hubert Pirker nicht leicht haben. Firmenadressen in Wien und Brüssel, die eigentlich keine sind - dazu eine notarielle Erklärung, dass er eh nie getan hat, was er auf der Homepage seines Beratungsunternehmens EU-Triconsult angeboten hatte. Ob das die verärgerte Basis der Volkspartei beruhigt, sei dahingestellt. Selbst wenn rechtlich und formal alles okay ist - moralisch bleibt es zweifelhaft.

Solche Irritationen entstehen, wenn die Parteigremien bei der Erstellung von Wahllisten nicht aufpassen. Nicht die Qualität der Kandidatin oder des Kandidaten wird geprüft, sondern bloß die interne Machtbalance. Im Fall der Volkspartei also wird geschaut, wie die Bünde und Länder auf der Wahlliste berücksichtigt sind. Und je weiter hinten gereiht (und je geringer die Aussicht auf ein Mandat), desto sorgloser.

In der ÖVP hat Obmann Josef Pröll seiner Parteizentrale aufgetragen, für Ordnung zu sorgen. Dazu sollte auch gehören, für künftige Wahlgänge besonderes Augenmerk auf die Kandidaten zu legen. Vielleicht könnte es sich sogar als hilfreich erweisen, stärker auf die sogenannte Basis zu hören und Machtspielchen hoher Partei-Funktionäre nicht ganz so ernst zu nehmen.

Vielleicht wäre es sogar angebracht - wie bei Personalbestellungen in Unternehmen -, Hearings der Kandidaten abzuhalten. Wenn in der Jury nicht nur Funktionäre sitzen würden - noch besser. Dann blieben vermutlich unliebsame Überraschungen wie jene mit der Pirkerschen Beratungsagentur in Zukunft aus. Denn einmal auf der Liste, ist es - wie zu sehen ist - für die betreffende Partei nicht so einfach, den Gereihten zu einem Mandatsverzicht zu überreden. Die Menschen würden bei dieser Listen-Sorgfalt aber wieder mehr Vertrauen in die Politik setzen.