230.000 Studenten an 21 Unis sind wahlberechtigt. | E-Voting schon von 18. bis 22. Mai. | Verfassungsjurist Mayer: Geheime Wahl nicht gesichert. | Wien. Heuer wird alles anders. Oder auch nicht. Spannend wird es auf jeden Fall. Die Rede ist von der Wahl zur Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH), die dieses Jahr von 26. bis 28. Mai stattfindet. Dann sind 230.000 Studenten an 21 Unis dazu aufgerufen, ihre Vertretung für die nächsten zwei Jahre zu wählen. So weit die Statistik.
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Die große Unbekannte liegt im Wahlsystem: Erstmals wird nämlich österreichweit das E-Voting eingesetzt. Durch das System, das 2010 auch bei den Wahlen zur Wirtschaftskammer eingesetzt werden soll, erhofft man sich eine höhere Wahlbeteiligung: Schritten 1965 noch 70 Prozent der Studenten zu den Urnen, waren es 2007 nur mehr knapp 29 Prozent.
Die Meinungen zum E-Voting klaffen allerdings weit auseinander. So haben bei einer Umfrage im Februar 85 Prozent der Studenten für die Nutzung des E-Votings plädiert, bis April haben 6238 Studenten ihre E-Card zur Bürgerkarte aufrüsten lassen. Andererseits sprechen sich fast alle wahlwerbenden Gruppen gegen E-Voting aus. Nur die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft (AG), die derzeit den ÖH-Vorsitz innehat, steht dem Thema "neutral gegenüber". Wenn das System technisch in Ordnung sei, sehe man darin eine gute Möglichkeit, die Wahlbeteiligung zu erhöhen, sagt AG-Chef Samir Al-Mobayyed.
VSStÖ und Gras starten eine Gegenkampagne
Widerstand leisten hingegen die Grünen und Alternativen Studenten (Gras) und der Verband Sozialistischer Studenten (VSStÖ). Laut einem Protokoll der Sitzung der Bundesvertretung (Studentenparlament) vom 13. März wird sich die Mai-Ausgabe der ÖH-Zeitung auf drei Doppelseiten mit den Gefahren des E-Votings auseinandersetzen.
"Die übrigen Seiten der Zeitschrift dürfen keine Gegendarstellungen oder andere, inhaltlich mit den Standpunkten der ÖH unvereinbare Inhalte aufweisen", heißt es in dem Protokoll, das einigen Medien, auch der "Wiener Zeitung", zugegangen ist. Besonders pikant: "Das gilt insbesondere auch für geschaltene Werbeanzeigen Dritter. Sollten dadurch zivilrechtliche Verträge mit Dritten verletzt werden, sind deren Werbeanzeigen dennoch nicht zu schalten und die Vertragspartner von der ÖH schadlos zu halten." Laut VSStÖ, der den Antrag eingebracht hat, ist dieser Beschluss Teil einer "Gesamtkampagne gegen E-Voting".
Zudem haben die Gras bei der Datenschutzkommission "wegen gravierender Gefährdungen des Datenschutzes" um eine Prüfung angesucht.
Ministerium: Rechtlich, technisch in Ordnung
Aus dem Büro von Wissenschaftsminister Johannes Hahn hieß es dazu, die Kommission habe sich mehrmals mit dem Thema beschäftigt: "Wir gehen davon aus, dass das System rechtlich und technisch in Ordnung ist."
Das sieht der Verfassungsjurist Heinz Mayer anders: "Ein geheimes Wahlrecht liegt nur dann vor, wenn die Wahlentscheidung von niemandem nachvollziehbar ist", sagt er zur "Wiener Zeitung". Zwar gebe es eine Verschlüsselung, Informatiker könnten diese aber knacken. Zudem sei eine Manipulation der Wahl "in einem unerhört hohen Ausmaß" möglich. Der Entwickler oder Administratoren könnten den Ausgang der Wahl beeinflussen, ohne Spuren zu hinterlassen. Das würde auch eine Anfechtung praktisch unmöglich machen.
Sollte es zu technischen Pannen kommen, haben die betroffenen Studenten immer noch die Möglichkeit, ihre Stimme auf herkömmlichem Weg abzugeben. Denn das E-Voting ist nur in der Woche vor der eigentlichen Wahl - also von 18. bis 22. Mai - möglich.
Auch abseits des E-Votings bietet die ÖH-Wahl heuer Platz für Überraschungen: Seit 2007 sind auch die Studentenvertretungen an den Fachhochschulen (FH) Teil der ÖH. Dort ist das Wahlsystem zwar ein anderes - die Fachhoschulen haben ihre Vertreter bereits gewählt -, jede FH mit mehr als 1000 Studenten entsendet aber einen Vertreter ins Studentenparlament.
Gras und VSStÖwollen nicht mit der AG
Wie bei jeder Wahl wird auch in der ÖH die Frage nach Regierungskoalitionen (in der ÖH-Sprache: Exekutive) spannend: 2007 lag die AG mit 31,3 Prozent der Stimmen auf Platz eins. Dennoch bildeten Gras, VSStÖ und die unabhängigen Fachschaftslisten (FLÖ) eine Koalition. Nach einem Jahr zerbrach diese allerdings und die AG mit Al-Mobayyed an der Spitze übernahm die ÖH-Führung.
Dass Al-Mobayyed diese gerne behalten möchte, ist klar. Als möglichen Koalitionspartner will er keine der anderen Gruppen ausschließen. Die FLÖ haben zwar noch keinen Spitzenkandidaten, würden sich aber lediglich dem Ring Freiheitlicher Studenten verweigern. Auch die Liberalen wollen niemanden ausschließen. Lediglich jene beiden Gruppen, die laut Al-Mobayyed im vergangenen Jahr "nur blockiert" haben, nämlich Gras und VSStÖ, wollen von der AG nichts wissen. Zumindest das wird wohl so bald nicht anders ...