Eigentlich hatten die britische und die irische Regierung die Deadline schon mit 24. November letzten Jahres festgelegt. Mehr als drei Monate später müssten sie schon längst dabei sein, ihre Drohung wahr zu machen: Die unversöhnlichen nordirischen Lokalpolitiker wären schon arbeits- und einkommenslos, die Geschicke Nordirlands bis auf Weiteres fest in britischer Hand mit wachsendem Einfluss der Irischen Republik. Zusätzliche grenzüberschreitende Kooperationen würden die irische Insel zu einer zumindest wirtschaftlichen Einheit machen.
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Doch ist das schon vergessen. Nach der letzten gibt es noch die allerletzte Chance. Im Interesse einer Wiederauferstehung der nordirischen Lokalregierung ließen sich Tony Blair und der irische Premier Bertie Ahern noch einmal umstimmen. Sie setzten Neuwahlen an und eine - diesmal aber wirklich - allerletzte Deadline. Bis zum 26. März müssen sich die gewählten Parteien auf die Zusammensetzung der neuen Regierung geeinigt haben. Sie müssen bereit sein, miteinander zu verhandeln und Kompromisse zu schließen. Sonst...
Vielleicht hatten Blair und Ahern insgeheim gehofft, die nordirischen Wähler würden sich diesmal für die gemäßigteren, verhandlungsbereiten Parteien entscheiden. Das Gegenteil war der Fall. Die Extremparteien konnten bei den Wahlen am Mittwoch sogar noch an Stimmen zulegen. So sehr Nordirland-Minister Peter Hain und Premierminister Blair der Öffentlichkeit erklären wollen, dass sich "die Wähler klar für eine lokale Koalitionsregierung ausgesprochen" haben - es ist schwer zu glauben. Wer sein Kreuz neben eine der beiden Extremparteien gesetzt hat, der weiß, dass eine Einigung zwischen den beiden wohl kaum entstehen kann. Und der will Kompromisse und Zugeständnisse an "die Anderen" wahrscheinlich auch gar nicht.
Doch dass die britische und die irische Regierung Zuversicht versprühen wollen, ist verständlich: Regiert sich Nordirland selbst, dann sind die beiden Premierminister endlich das leidige Problem der unversöhnlichen Provinz los. Schließlich gibt es wichtigere Krisengebiete in der Karriere eines Premierministers.
Und nun sollen also noch einmal die selben traditionell verfeindeten Politiker versuchen, gemeinsam eine funktionierende Regierung aufzubauen. Der starrköpfige presbyterianische Priester Ian Paisley soll als Regierungschef mit seinem Erzfeind, dem unbeherrschten ehemaligen IRA-General Martin McGuinness als seinem Vize zusammenarbeiten, sich mit ihm im kooperativen Gespräch auf Kompromisse einigen? Das klingt unwahrscheinlich.
Aber was ist, wenn es doch gelingt? Wenn sich die größten Feinde des Landes offiziell die Hand schütteln, dann gäbe es keine politischen Aufwiegler mehr. Dann hätten auch die bombenwerfenden Terroreinheiten bald keine Rechtfertigung mehr für Gewaltaktionen. Der Nordirlandkonflikt wäre keiner mehr. Manchmal werden Träume auch wahr.