Zum Hauptinhalt springen

Wahlen ohne Wahl in Äthiopen

Von Eva Krafczyk

Politik

Regierungschef Zenawi seit 19 Jahren im Amt. | Oppositionschefin Mideksa seit 2008 im Gefängnis. | Addis Abeba. Über den Ausgang der Parlamentswahl in Äthiopien am kommenden Sonntag haben die wenigsten Wähler Zweifel. "Ich bin sicher, Meles Zenawi wird wieder gewählt", sagt die Krankenschwester Yenework Gebrile. Für die 27-Jährige ist der seit 19 Jahren amtierende Ministerpräsident der einzige Regierungschef, an den sie sich bewusst erinnert. Als Führer der Rebellengruppe "Äthiopische Revolutionäre Demokratische Volksfront" (EPRDF) stürzte Zenawi 1991 den sozialistischen Machthaber Mengistu Haile Mariam.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Damals beendete er zwar das Kapitel, das als "roter Terror" in die Geschichtsbücher des immer wieder von Hungerkatastrophen und Dürre geplagten Landes einging. Straßenbau-, Bildungs- und Gesundheitsprojekte wurden vorangebracht, die Abhängigkeit von ausländischer Hilfe verringert. Die Korruption in Äthiopien ist für afrikanische Verhältnisse ausgesprochen niedrig.

Opposition geknebelt

Ein Bauboom in Addis Abeba zeugt von neuen Investoren und Rückkehrern aus der äthiopischen Diaspora in den USA oder Großbritannien. Auf der Kopenhagener Klimakonferenz beeindruckte Zenawi als Sprecher der afrikanischen Staaten, die die Industriestaaten zu stärkerem Kampf gegen den Klimawandel drängten.

Doch auch unter Zenawis Herrschaft ist Äthiopien ein Land, das von Menschenrechtsorganisationen regelmäßig wegen massiver Menschenrechtsverletzungen angeprangert wird. Viele Oppositionelle sind ins Exil gegangen, eine nicht genau bekannte Zahl von Oppositionspolitikern sind inhaftiert. Die bekannteste politische Gefangene Äthiopiens, die Oppositionsführerin Birtukan Mideksa, ist seit Dezember 2008 im Gefängnis.

Die Juristin, allein erziehende Mutter einer kleinen Tochter, darf nur Besuch von ihrer gesundheitlich angeschlagenen Mutter empfangen. Ihrer Schwester wurde vor zwei Monaten die Besuchserlaubnis entzogen - angeblich, um Kontakte zu Oppositionellen und Journalisten zu erschweren.

Als Führerin der Koalition für Einheit und Demokratie hatte sie bei den Wahlen im Jahr 2005 vor allem in der Hauptstadt Addis Abeba große Stimmgewinne erzielt. Doch als Zenawis EPRDF dennoch zur Siegerin der Parlamentswahlen erklärt wurde, kam es zu blutigen Tumulten. Mehr als 200 Menschen wurden getötet.

Solche Szenen erwartet bei den diesjährigen Wahlen keiner der Kenner des Landes. "Es wird keine Unruhen geben, weil niemand da ist, der effektiv Proteste organisieren kann", sagt ein deutscher Entwicklungshelfer, der schon seit Jahren in Äthiopien lebt. "Die Opposition ist geknebelt und ruhig gestellt."

Presse ausgeschlossen

Ausländische Beobachter soll es nach Möglichkeit kaum geben: Vor der äthiopischen Botschaft in Nairobi etwa tauschen frustrierte ausländische Journalisten seit Wochen ihre Erfahrungen mit der Visumsabteilung aus, die ihnen die Einreise zur Wahlberichterstattung verweigert.