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Am Sonntag finden Präsidentenwahlen in Peru statt. | Umstrittener "Comandante" setzt Altparteien zu. | Lima. (dpa) Nach einem von Hass- und Angstkampagnen geprägten Präsidentenwahlkampf stehen die Peruaner am Sonntag vor einer schweren Entscheidung: Weiter so wie bisher oder die Katze im Sack kaufen - auf diese Kurzformel bringt der Politologe von der Universidad Catolica in Lima, Javier Ciurlizza, die Stimmung vor der Wahl. Die Altparteien, das konservativ-bürgerliche Lager um Lourdes Flores (in Umfragen bei 27 Prozent) und die linke Traditionspartei Apra mit Ex-Präsident Alan García (23 Prozent) an der Spitze, malen dabei das Gespenst einer heraufziehenden Diktatur an die Wand. Grund ist der in den Umfragen kometenhaft an die erste Stelle aufgestiegene autoritäre Ex-Militär Ollanta Humala (34 Prozent). Er nennt sich "Comandante" und schürt nach Kräften den Hass der in bitterer Armut lebenden Peruaner auf die reiche Oberschicht. Humalas Gegner warnen in immer schrilleren Tönen vor Anarchie bis hin zu einem Bürgerkrieg.
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Und die Munition für diese Angstkampagne liefert das Umfeld Humalas mit haarsträubenden Forderungen frei Haus. Humalas Mutter will Homosexuelle erschießen lassen, der Vater alle Weißen außer Landes jagen und der nach einer Militärrebellion inhaftierte Bruder Antauro den scheidenden Präsidenten Alejandro Toledo nebst Ehefrau hinrichten lassen.
Humala selbst hält sich inzwischen mit extremistischen Äußerungen zurück. Gebetsmühlenhaft wiederholt er, dass er das Land nicht mit seiner Familie zu regieren gedenke. Bei einer gescheiterten Militärrevolte im Oktober 2000 unter seinem Kommando hatte er aber noch die Erschießung korrupter Beamter gefordert. "Das Volk will offenbar eine Diktatur, und Ollanta gibt ihm, was es verlangt", legte sein Bruder Ulises nach.
Unbewältigte Armut
"Humala hat ein unglaublich gutes Gespür für die Stimmung im Land", sagt Ciurlizza. Fast die Hälfte der 28 Millionen Peruaner lebt in Armut. Die Unterschiede zwischen Arm und Reich sind extrem. "Demokratie kann man nicht essen", beschreibt Ciurlizza die tägliche Realität von Millionen Peruanern. Die traditionellen Politiker wollten dieser Tatsache nicht ins Auge sehen. Der Politologe warnt zugleich davor, die extremistischen Äußerungen Humalas, dem Folter, Mord und Verschwindenlassen von Personen während der Bekämpfung der maoistischen Rebellengruppe Leuchtender Pfad vorgeworfen werden, überzubewerten. Vieles davon sei Wahlkampfgetöse. "Statt den autoritären Führungsstil sollten wir die Korruption unter Humala fürchten", warnt er. Humala, der noch nie ein öffentliches Amt bekleidete und über keine Partei verfügt, werde improvisieren müssen. Der Mangel an Fachleuten, an Strukturen und Kontrolle begünstige die Korruption. Ähnlich sieht Ex-Präsidentenberater Cesar Rodriguez Rabanal die Lage. Es sei paradox, dass Humala gerade wegen seiner Systemkritik die Wahl gewinnen könnte, um dann wegen mangels Machtbasis leichte Beute für die Elite zu werden. Das war schon bei Ex-Präsident Alberto Fujimori und Noch-Amtsinhaber Toledo so und drohe sich jetzt zu wiederholen.