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Wahlerfolg der Pro-Europäer Serbiens: Keine Hilfe in Sachen Kosovo

Von Wolfgang Tucek

Analysen

In der Europäischen Union herrscht nach den Wahlen in Serbien allgemeine Erleichterung. Bei der Lösung des größten Problems, nämlich der Zukunft des Kosovo, hilft der Wahlausgang aber nicht sehr.


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Mathematisch geht sich eine Parlamentsmehrheit für die pro-europäischen Kräfte des sogenannten demokratischen Lagers locker aus. Die Demokratische Partei (DS) von Präsident Boris Tadic, die Demokratische Partei Serbiens (DSS) unter Premier Vojislav Kostunica und die "Expertenpartei" G17-Plus haben gemeinsam voraussichtlich 131 der 250 Sitze in der serbischen Volksvertretung. Das ist ein Fortschritt gegenüber der bisherigen Minderheitsregierung Kostunicas, der auf die Unterstützung der Serbischen Radikalen Partei (SRS) angewiesen war.

Aber auch wenn diese drei Gruppierungen in absehbarer Zeit eine Regierung zusammenbringen sollten, ändert sich am zentralen Problem nichts: Gemeinsam haben sie alle mit der wieder stimmenstärksten SRS, dass sie eine Unabhängigkeit des Kosovo entschieden ablehnen. Der kosovarische Premier Agim Ceku hat dagegen bereits die "sofortige Anerkennung" der unter UN-Verwaltung stehenden Provinz als unabhängigen Staat verlangt. Und mitten in die Regierungsverhandlungen in Belgrad hinein wird der UNO-Sondergesandte Matti Ahtisaari seine Vorschläge für den künftigen Status des Kosovo präsentieren.

Die Lage ist heikel: Eine sofortige Unabhängigkeit ohne Serbiens Einverständnis scheitert am UNO-Sicherheitsratsmitglied Russland. Der Verbleib im serbischen Staatsverbund widerspricht den Vorbedingungen der UNO und scheint daher ebenso unmöglich. Laut EU müsse der Kosovo in der Lage sein, internationale vertragliche Beziehungen einzugehen.

Die Verhandlungen mit Serbien wiederum könnten rasch zu Ende gebracht werden. Sie liegen aber wegen der fehlenden Auslieferung des serbischen Ex-Generals Ratko Mladic auf Eis. Niemand will zwar die von Serbien geforderte "volle Kooperation" mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag als Kriterium fallen lassen. Die Stimmung scheint sich aber zunehmend zu Gunsten einer Neubewertung zu neigen.

Zur Diskussion steht etwa, die Erfüllung jenes Kriteriums erst für den Abschluss eines Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens zu fordern und nicht schon während der Verhandlungen, hieß es. Dagegen gab es bisher aus Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden Widerstand.

Deren Außenminister Bernard Bot klang am Montag aber plötzlich versöhnlich. Den Namen Mladic vermied er, stattdessen war von der Notwendigkeit positiver Signale aus Belgrad die Rede. So auch bei der österreichischen Ministerin Ursula Plassnik. Österreich und Italien setzen sich schon seit Herbst für ein Entgegenkommen an Belgrad ein. Ob das aber als Zuckerl für eine Einwilligung in eine stufenweise Unabhängigkeit des Kosovo reicht, bleibt abzuwarten.