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Der Kampf gegen den Steuerbetrug soll den Löwenanteil der Steuerentlastung tragen, so stellt es sich die Regierung vor. Das klingt sympathisch, und Kritik daran würde bedeuten, Gesetzesverstöße zu verteidigen.
Trotzdem muss eine etwas kurios anmutende Frage gestellt werden: Sind die Maßnahmen gegen Steuerbetrug gerecht? Um auf die von der Regierung erwarteten 1,9 Milliarden Euro zu kommen, ist es unumgänglich, den Pfusch rigoros zu bekämpfen. Während die großen, oft international agierenden Gauner wohl neue Wege finden werden, um die Republik zu betrügen, geht es den "Kleinkriminellen" an den Kragen. Im Verein mit der Defacto-Aufhebung des Bankgeheimnisses wird der Pfusch in Bau und Handwerk nun rigoros bekämpft.
Das ist gut so. Ehrlicherweise sollte aber dazu gesagt werden, dass vom Pfusch die Gruppe der niedrigen und mittleren Einkommensbezieher überproportional profitiert. Sie erreichte dadurch einen Lebensstandard, den das offizielle Einkommen nicht hergab. Ob die Tarifentlastung dies kompensiert, müssen Ökonomen erst errechnen.
Ob also eine Familie, die sich ihr Einfamilienhaus nur mittels Pfuscher oder mittels Einnahmen aus dem Pfusch leisten konnte, mit der Steuerreform restlos zufrieden ist, wird sich weisen. Denn in der öffentlichen Meinung, die von der Regierung mitbedacht wird, wie der Kanzler in der "Pressestunde" sagte, ist der Pfusch nicht so unbeliebt wie es "Verstöße gegen bau- und gewerberechtliche Bestimmungen" oder "Sozialabgabenbetrug" suggerieren mögen.
Die Finanzierung der Steuerreform wird daher - und das ist relativ gefahrlos vorherzusehen - auch dazu führen, die Regierung als herzlos und ungerecht darzustellen. Wenn die Finanzpolizei nun zum großen Halali auf "Mittelstandspfuscher" bläst, können die sich auf harsche Forderungen einstellen. Denn einmal im Visier der Behörde kann diese zehn Jahre zurück prüfen. Und da das Bankgeheimnis nichts mehr gilt, wird es auf Basis der Kontobewegungen relativ einfach, verbotene Einnahmen nachzuvollziehen.
Der Linzer Volkswirtschaftsprofessor Friedrich Schneider schätzt, dass es in Österreich etwa eine Million Pfuscher gibt. Ihnen muss die Regierung zuerst klarmachen, dass Pfusch kein Kavaliersdelikt ist. Und danach, dass die Steuerreform eine gute Sache ist. Denn nur sie werden diese auch finanzieren können.