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Es ist selbstverständlicher Teil des politischen Diskurses, dass mit dem Wahlergebnis Unzufriedene auch die Möglichkeit der Wahlfälschung ins Treffen führen. In der Tat gibt es immer wieder Hinweise, dass es etwa bei Präsidentenwahlen in den USA zu Unregelmäßigkeit gekommen sein soll, wobei über plumpe Wahlfälschungen genauso spekuliert wurde wie über raffinierte Tricks der statistischen Zahlenaufbereitung. OSZE und auch EU sind bemüht mit eigenen technischen Missionen sicherzustellen, dass Wahlen frei, fair, gerecht und natürlich auch richtig durchgeführt werden. Demokratische Wahlen sind für Nation-Building ein zentraler Baustein, die hohen Aufwendungen für "Richtiges Wählen" sind daher gerechtfertigt.
Wahlbehörden sind bemüht durch ständige Verbesserung der Wahlgesetze Fehlerquellen auszumerzen und Möglichkeiten von offenkundigen Fälschungen, wie wir es auch in Österreich noch hatten, indem Wahlkarten zu einem Zeitpunkt ausgefüllt wurden, wo das Wahlergebnis schon bekannt war - das ist inzwischen korrigiert.
Wahlforensik - eine neue Wissenschaft
Fernab der Ablauforganisation des Wahlvorganges - von Erstellung der Wahllisten über den Wahlvorgang bis zur Auszählung - entwickelte sich in den letzten Jahren auch eine eigene Wissenschaft der Wahlforensik, welche aus den statistischen Eigenschaften von Zahlenreihen signifikante Aussagen bezüglich Richtigkeit der Zahlen ableitet. Zentren der wissenschaftlichen Forschung zu diesem Themenbereich sind die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich wie auch ausgewählte Forschungsinstitute in Israel und in den USA.
Statistische Methoden scheinen anzudeuten, wenn bei Wahlen nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein könnte. "Gestaltung" von Zahlenreihen sind in einer Welt von professionellen Anwendern von Tabellenrechnungsprogrammen keine große Sache, es ist daher wichtig Anhaltspunkte für die Unversehrtheit von Zahlenreihen zu finden.
In vergleichbarer Akkuranz mit den forensischen Bemühungen zur Aufdeckung Bilanzfälschungen im Bereich der Wirtschaftskriminalität sind statistische Methoden anwendbar, welche Zahlenreihen im Rahmen politischer Wahlen untersuchen. Mit Hilfe des Benfordschen Gesetzes wurde das bemerkenswert "kreative" Rechnungswesen bei Enron und Worldcom aufgedeckt, durch welches das Management die Anleger um ihre Einlagen betrogen hatte. Statistische Verfahren, wie eben das Benford-Gesetz aber auch der Chi-Quadrat-Test und der Kolmogorow-Smirnow-Test haben klare Indizien für erhebliche Unregelmäßigkeiten bei den Bundestagswahlen in Deutschland erbracht. Gehäuft wurden Unregelmäßigkeiten in drei Ländern und dabei jeweils für die dominierende Partei, in Nordrhein-Westfalen für die SPD, in Bayern für die CSU und in Baden Württemberg für die CDU eruiert. Aber nicht nur Deutschland, auch Iran und die USA werden immer wieder mit Wahlfälschungen in Zusammenhang gebracht.
In der Schweiz wurden die Nationalratswahlen von 2007 im Zuge einer Tauglichkeitsanalyse der Methoden der Wahlforensik im Rahmen einer Studie der ETH Zürich analysiert. Das Ergebnis war dahingehend, dass bei Wahlen in der Schweiz wie erwartet nicht von Wahlfälschung ausgegangen werden kann. Da keine Irregularitäten bei der Analyse der Schweizer Wahlresultate detektiert werden konnte, kann die Tauglichkeit der statistischen Methoden vermutet werden.
Investition in die Demokratie bedeutet mitunter auch die Notwendigkeit Wahlvorgänge im Rahmen dieser neuen Verifikationsverfahren zu überprüfen. Der Wunsch nach fairen, richtigen und akkuraten Wahlvorgängen eint alle am politischen Prozess Beteiligten. Zweifel sollten, wenn angesprochen, eindeutig und mit allen Mitteln ausgeräumt werden. Der für Wahlen in Österreich zuständige Beamte des Innenministeriums meint klar und unmissverständlich, dass man nie behaupten kann, dass Wahlen als vollkommen und fälschungssicher bezeichnet werden, eine Fälschung in Österreich allerdings eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit habe.