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Wahlfiasko für tschechische Konservative

Von WZ Online / Alexandra Klausmann

Europaarchiv

Prag. Die Kommunal- und Senatswahlen in Tschechien haben viele Gewinner, aber nur einen Verlierer: die konservative Bürgerpartei (ODS). Für die Partei von Ministerpräsident Petr Necas endeten die Wahlen nicht in einer erwartbaren Niederlage, sondern in einem Debakel.


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Herausragendes Signal dieser Niederlage ist der Verlust des einflussreichen Posten des Prager Oberbürgermeisters.

1921 Mandate verloren die Konservativen in Städten und Gemeinden. In den Senatswahlen, die erst durch Stichwahlen in zwei Wochen entschieden werden, ist die ODS nur in 19 von 27 Wahlkreisen in die Stichwahl weitergekommen. "Ein Erfolg ist das nicht", kommentierte lakonisch der ODS-Vorsitzende, Regierungschef Petr Necas.

Die Wahlergebnisse reflektieren den Ruf, den die ODS unter den Wählern habe, räumte Necas ein. Dieser Ruf der ODS ist nach Jahren kommunalpolitischer Macht erheblich ruiniert durch Korruptionsskandale und Vetternwirtschaft. Genau damit, so politische Beobachter, muss Petr Necas jetzt radikal aufräumen. In seinem innerparteilichen Erneuerungskampf gegen die alte Riege der Politpaten wurde Necas durch das Wahldebakel bestätigt und gestärkt. Will die ODS als führende Kraft der tschechischen Politik überleben, so wird sie den erforderlichen Imagewandel nur durch parteiinterne Reformen erreichen können.

Denn im Konkurrenzkampf in der konservativ-liberalen Ecke schaut der ODS ihr Koalitionspartner in der Regierung über die Schulter: die TOP09. Die noch junge Partei Karl Schwarzenbergs hat in diesen Wahlen bestätigt, was die Parlamentswahlen im Mai 2010 schon angekündigt hatten: Sie ist eine ernstzunehmende politische Kraft geworden. In Prag hält die TOP09 die Mehrheit und darf nun den Oberbürgermeister stellen: Zdenek Tuma, einst Gouverneur der tschechischen Nationalbank, setzt darauf, dass er unverbraucht und unbestechlich ist.

Während die TOP09 vor allem ihren Erfolg in Prag feiert, freuen sich die Sozialdemokraten (CSSD) über den vorläufigen Ausgang der Senatswahlen. Sollte die CSSD in zwei Wochen in den Stichwahlen ähnlich gut abschneiden, wird sie eine Mehrheit im tschechischen Oberhaus haben. Dann werde man als erstes den tschechischen Einsatz in Afghanistan neu bewerten, erklärte der CSSD Interims-Vorsitzende Bohuslav Sobotka in Siegeslaune.

Die fehlte ganz bei der Wahlparty der "Partei der öffentlichen Angelegenheiten" (VV). Nach dem Wahlerfolg im Mai, der der Partei den Einzug in die Regierung beschert hatte, hat die VV nun kläglich versagt. In Prag, ihrem Stammland, hat sie es nicht einmal in den Stadtrat geschafft.

Kein Kandidat hat in der ersten Runde der Senatswahlen mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten. Stichwahlen werden deshalb in allen 27 Wahlkreisen stattfinden, in denen gewählt wurde, einem Drittel der insgesamt 81 Wahlkreise. Die CSSD tritt in 22 Wahlkreisen an, wobei ihr für die Eroberung der absoluten Mehrheit im Senat ein Sieg in zwölf Wahlkreisen reichen würde. Die ODS ist bei der Stichwahl in 19 Wahlkreisen vertreten.