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Wahlfinale mit schrillen Tönen

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Monti distanziert sich von der Linken, Berlusconi droht der Lega Nord.


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Beppe Grillo schwänzt TV.
© reu

Rom. In der letzten Woche vor den am kommenden Sonntag und Montag stattfindenden italienischen Parlamentswahlen werden die ohnehin auch bisher nicht feinen Wahlkampftöne immer rauer. Silvio Berlusconi weigert sich, an einer Fernsehdebatte mit seinem Nachfolger Mario Monti teilzunehmen und bezeichnet ihn als "Professorino", der die Wirtschaft nicht verstehe und sie nur durchs Schlüsselloch beobachte.

Monti zahlte Montag mit gleicher Münze zurück: "Ich habe weniger Wirtschaft praktiziert als er, weil ich kein Unternehmer bin, aber ich habe viel mehr als er davon gesehen auch durch Mechanismen der Konkurrenz, die er vielleicht weniger liebt." Monti rief seine Konkurrenten zum TV-Duell auf und distanzierte sich auch wieder von der Mitte-Links-Koalition Pier Luigi Bersanis, mit der er nichts gemeinsam habe.

Berlusconi, der am Wochenende in Turin seinen großen Auftritt hatte und dort verkündete, er werde sich besaufen, wenn die Monti-Koalition den Einzug ins Parlament verfehlt. Obwohl seit einer Woche die Veröffentlichung von Meinungsumfragen nicht mehr erlaubt sind, sprach Berlusconi davon, dass Montis Bündnis an der Zehn-Prozent-Hürde scheitern würde. Diese wurde durch das komplizierte Wahlrecht, das sich Berlusconi 2005 für seine Bedürfnisse maßschneidern hat lassen, für Parteienbündnisse eingeführt. Für Einzelparteien gilt eine Vier-Prozent-Hürde.

Berlusconis Wahlshow lief nach dem Muster früherer Auftritte ab, nur dass er diesmal allein auf der Tribüne mit dem Aufruf "Wer nicht hüpft, ist ein Kommunist" seine Anhänger zu gymnastischen Übungen motivierte. Am Montag drohte er seinem letzten größeren Verbündeten, der Lega Nord, mit dem Bruch der Koalitionen in Piemont und Venetien, wenn sie auf nationaler Ebene Schwierigkeiten bereiten sollte.

Berlusconi muss aber auch die populistische 5-Sterne-Bewegung des Komikers Beppe Grillo befürchten, der die Plätze Italiens mit seinen Wahlkampfauftritten füllt, aber am Sonntag in letzter Minute einen Fernsehauftritt wieder absagte. "80 Prozent der Leute gingen nur hin, um sich unterhalten zu lassen", wiegelte der Ex-Premier ab. Und überhaupt sei seine Partei auf der Überholspur.

"Die Überholspur ist aber links", entgegnete ihm der Bürgermeister von Florenz, Matteo Renzi, der in den Vorwahlen des Mitte-Links-Bündnisses Pier Luigi Bersani unterlegen war. Bersanis Koalition füllte mit 30.000 Anhängern den Mailänder Domplatz. "Noch sieben Tage und wir werden dem Jaguar die Flecken abwaschen", sagte Bersani in Anspielung auf einen Zwischenfall, in den ein hoher Politiker von Berlusconis Partei verwickelt war. Er hatte aus Rache, dass er seinen Jaguar nicht mehr auf einem Behindertenparkplatz abstellen durfte, im Oktober des Vorjahres dem Behindertenauto die Reifen aufgeschlitzt.

Die lombardische Hauptstadt wurde bewusst für die Wahlkampfveranstaltung gewählt, gilt es doch dort auch die bisherige Vorherrschaft der Rechten in der Regionalregierung zu brechen. Außerdem hängt vom Wahlergebnis in der Lombardei auch ab, ob die Linke eine Mehrheit in der zweiten Parlamentskammer, im Senat, erreicht.

Als Überraschungsgast erschien auf der Tribüne der Mailänder Veranstaltung Ex-Premier Romano Prodi, der sich seit vier Jahren von der politischen Bühne ferngehalten hatte, und wurde frenetisch begrüßt.