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Wahlkampf abseits der Öffentlichkeit: Die Schlacht um sichere Listenplätze

Von Walter Hämmerle

Analysen

Für die überwiegende Mehrzahl aller Nationalratsabgeordneten entscheidet sich bereits Monate vor dem Wahlsonntag, ob sie auch dem neu gewählten Parlament angehören werden. Verantwortlich dafür ist das herrschende Listenwahlrecht, das fast alle Macht in die Hand der Parteiorganisationen legt. Die Möglichkeiten der Wähler, per Vorzugsstimme mitzuentscheiden, welcher Kandidat einer Partei den Sprung ins Hohe Haus am Ring schafft, ist mehr als bescheiden. Erst zwei Abgeordneten ist dieses Kunststück gelungen: 1983 dem Ex-SPÖ-Revoluzzer und nunmehrigen Klubchef Josef Cap sowie 1999 dem Kandidaten des ÖVP-Seniorenbundes Gerhart Bruckmann.


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Kein Wunder, dass die innerparteiliche Erstellung der Wahlkreislisten regelmäßig für erhebliche Nebengeräusche sorgt. Dabei hat ein Kandidat insgesamt drei Möglichkeiten, ein sicheres Ticket für ein Mandat zu lösen. In den insgesamt 43 Regionalwahlkreisen winkt den Kandidaten ein Direktmandat - für Kleinparteien hängen diese Trauben in aller Regel jedoch zu hoch: Der FPÖ gelang es beispielsweise 2002 mit ihren bundesweit 10 Prozent nicht, auch nur ein Direktmandat zu erobern.

In Parteien dieser Größenordnung geht es für Kandidaten mit Ehrgeiz daher in erster Linie darum, einen vorderen Platz auf der Landesliste zu ergattern, wo die Reststimmen der Regionalwahlkreise anteilsgemäß in Mandate umgewandelt werden.

Kommt ein Mandatshungriger Kandidat auch hier nicht zum Zug, bleibt ihm nur noch die Hoffnung, auf der Bundesliste Unterschlupf zu finden. Die ist jedoch in der Regel Sache des Parteichefs.

ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel beispielsweise hat dieses Jahr die Parole ausgegeben, dass sämtliche Mitglieder der Bundesregierung auf Bezirks- und Landeslisten unterkommen müssen. Die Bundesliste will sich der Kanzler offensichtlich für Überraschungskandidaten frei halten. Dieser Strategie fiel in Wien nun Finanzstaatssekretär Alfred Finz zum Opfer, der auf der Landesliste mit dem aussichtslosen Platz 11 Vorlieb nehmen muss, nachdem er bereits in seinem Wahlkreis an die aussichtslose vierte Stelle gesetzt wurde.

Strafverschärfend kommt noch hinzu, dass Finz keinesfalls nur gegenüber politischen Schwergewichten das Nachsehen hatte. Vor ihm finden sich auch einer breiten Öffentlichkeit gänzlich unbekannte Namen - für ein Regierungsmitglied doppelt hart.

Aber bei Listenerstellungen gelten eben andere Gesetze. Bei der Kandidatenreihung muss auf eine komplexe Balance zwischen den einzelnen Parteiflügeln, Bezirken und - auch das längst ein wesentlicher Faktor! - zwischen den Generationen und Geschlechtern penibel geachtet werden. Parteiinterne Machtkonstellationen spielen bei diesen Überlegungen genauso eine Rolle wie das Erscheinungsbild nach außen. Wer sich hier durchsetzt, sagt viel über die Machtverhältnisse in einer Partei aus.