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Wahlkampf, den keiner wollte

Von Matthias Nagl

Politik

Die Salzburger interessieren sich mehr für den Finanzskandal als für politische Weichenstellung.


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Salzburg. Es war vielleicht der längste Wahlkampf in der Geschichte Salzburgs. Nun ist das Stimmenwerben in der letzten Woche, am Sonntag entscheiden 389.789 Wahlberechtigte über den nächsten Salzburger Landtag. Doch in den Gesprächen vieler Salzburger ist der Urnengang weder ein großes Thema, noch freut sich jemand, wenn er darauf angesprochen wird.

Seit fast fünf Monaten ist klar, dass es um ein knappes Jahr vorgezogene Landtagswahlen gibt, und seither versuchen die Parteien, in stetig ansteigender Intensität die Wähler zu überzeugen. Der Finanzskandal, als dessen Folge ÖVP-Chef und Landeshauptmann-Stellvertreter Wilfried Haslauer die Neuwahlen ausrief, hat Salzburg durch den Wahlkampf begleitet. Über ihn wird nach wie vor leidenschaftlicher diskutiert als über die Wahlen selbst. Bei manchen Salzburgern hat er keine Auswirkungen auf das Wahlverhalten, bei einigen schon.

So auch bei jenem pensionierten Selbständigen, der am Dienstagnachmittag in Salzburgs größtem Einkaufszentrum seine Einkäufe erledigt. "Das sind lauter Stürzler", erregt er sich im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Stürzler steht für Herumtreiber, und damit gemeint ist vor allem die Landesregierung. Die jüngste Affäre um Wohnbaulandesrat Walter Blachfellner ist für den Pensionisten aus Bürmoos nur Bestätigung seines Bildes.

Blachfellner hatte die Echtheit seiner Unterschrift auf einer Vollmacht angezweifelt und in einem Privatgutachten Recht bekommen. Vergangene Woche kam das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung zum Schluss, dass die Unterschrift mit hoher Wahrscheinlichkeit echt ist. Die SPÖ will nun ein drittes Gutachten von außerhalb Österreichs einholen. Für die Wahl kommt das freilich zu spät.

Verärgerte Wähler

Den Ärger der Wähler wird man damit nicht besänftigen. Auf die Frage, ob er sich nach sieben Jahren noch an seine Unterschriften erinnern kann, sagt der Herr aus Bürmoos: "Würde ich schon sagen, bei so wichtigen Sachen." Bürmoos ist eine der wenigen roten Hochburgen im Salzburger Land, diesmal wird der Pensionist aber nicht mehr die SPÖ wählen. Er hat seine Entscheidung schon getroffen. Mit einem Lachen sagt er in Anspielung auf einen Schlager aus den 80er Jahren: "Blue, Blue, Blue Johnny Blue."

Ein junger Feinmechaniker, der ebenfalls aus Bürmoos kommt, hat sich dagegen vom politischen System schon generell verabschiedet. Er wird wie schon in den vergangenen Jahren nicht wählen gehen, "weil es sowieso nichts ändert". Der Finanzskandal konnte ihn somit auch nicht weiter erschüttern, war im Freundeskreis aber immerhin Thema. Im Gegensatz zu den Wahlen. "Weil in meinem Freundeskreis die meisten genau die gleiche Meinung haben", sagt der Feinmechaniker. Auch eine Frau aus dem Pongau weiß noch nicht, ob sie zur Wahl gehen wird: "Ich tue mir in den letzten Jahren bei der Entscheidung immer schwerer, und es geht vielen Leuten so."

In der Salzburger Altstadt ist die Stimmung ähnlich. Kaum jemand will sich zur Wahl äußern, Wähler die sich zu den beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP bekennen, findet man nicht. Auch die "Salzburger Nachrichten" haben sich von der klassischen Parteipolitik verabschiedet. Vor der Wahl gab es etwa keine Interviews mit den Spitzenkandidaten. Stattdessen schrieb die Zeitung gegen die Politikverdrossenheit an und entwarf mit den Lesern ein Bürgerprogramm, mit dem sie die Parteien konfrontierte und an dem sie die kommende Regierung messen will. In dem Programm finden sich freilich wieder jene Themen, die die Parteien vor der Wahl ohnehin thematisierten: Wohnen, Arbeit, Verkehr und die politische Kultur. Auch am Finanzskandal kommt das Bürgerprogramm nicht vorbei.

Dass es sich um einen vergleichsweise bescheidenen Wahlkampf handelt, ging im Vorfeld etwas unter. Im Jänner einigten sich die Parteien, die erst im Vorjahr beschlossene Kostenobergrenze von 1,5 Millionen auf eine Million Euro zu senken. Auch die Kosten für Inserate sowie die Plakatflächen wurden limitiert. Einzig das Team Stronach macht bei der Einigung nicht mit und fährt in den Umfragen damit nicht schlecht.