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Wahlkampf kennt kein Entrinnen

Von Walter Hämmerle

Politik

Der derzeit auf Hochtouren laufende oberösterreichische Landtagswahlkampf sorgt weiter für einen erhöhten öffentlichen Erregungszustand in Sachen Voest-Privatisierung: Regierungsintern stieß die FPÖ mit ihrem jüngsten Wunsch nach einem Sonderministerrat beim Koalitionspartner ÖVP auf taube Ohren. Die Gewerkschaft organisierte vor der für heute, Freitag, stattfindenden ÖIAG-Aufsichtsratssitzung eine Menschenkette als Zeichen des "Widerstandes". Und der SPÖ ist insbesondere das Interesse der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (RLB OÖ) an der Voest nicht ganz geheuer.


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Der letzte Ministerrat habe vor 48 Stunden stattgefunden und den nächsten werde es am Dienstag geben. So kurz und bündig erteilte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel gegenüber der APA dem freiheitlichen Begehr nach einer Sondersitzung noch vor der ÖIAG-Aufsichtsratssitzung eine Absage.

Der Absender dieser Forderung, Justizminister Dieter Böhmdorfer, zeigte sich von dieser doch unverblümten Antwort "erstaunt". In Absprache mit Vizekanzler Herbert Haupt will er nun das weitere Vorgehen klären. Am Donnerstag fand jedenfalls ein rund dreistündiges Treffen der beiden mit dem ÖIAG-Vorstand statt, über dessen Verlauf jedoch Stillschweigen gewahrt wurde. Und aus Kärnten meldete sich Landeshauptmann Haider mit dem Wunsch nach einem "Machtwort" von Bundespräsident Klestil zu Wort. Dieser möge doch zum Runden Tisch einladen. Ähnliches geschah ja schon während der Debatten um die Pensionsreform. Diesmal wollte man in der Hofburg jedoch keinen Kommentar zu der Aufforderung abgeben.

Anlässlich der Rieder Landwirtschaftsmesse sprach sich Schüssel dafür aus, "die voest-alpine aus der Parteipolitik herauszuhalten". Deren Erfolgsgeschichte habe erst mit der Privatisierung begonnen, als sie aus der politischen Hand herausgelöst wurde. "Warum gilt dieses Gesetz der Logik nun in Wahlkampfzeiten nicht mehr", fragte der Bundeskanzler. In Sachen voestalpine habe es einen All-Parteien-Konsens gegeben und nun würden alle Grundsätze wieder über Bord geworfen - und das nur, weil Wahlkampf sei, um so "1,5 Wählerstimmen zu gewinnen".

Scharingers Interesse . . .

Sein Interesse an der Voest bekundete unterdessen via "ZiB 2"-Interview RLB OÖ-Generaldirektor Ludwig Scharinger - allerdings nicht als zukünftiger Kernaktionär, sondern gemeinsam mit anderen Partnern über den Umweg eines so genannten "Österreich Fonds".

. . . beunruhigt die SPÖ

Dieses offen bekundete Interesse der RLB OÖ liegt jedoch vor allem der SPÖ schwer im Magen. Der Erwerb von Voest-Anteilen durch Scharinger oder ihm nahe stehende Unternehmen würde in den Augen von Budgetsprecher Christoph Matznetter und Wirtschaftssprecher Hans Moser in den Geruch des Insiderhandels gelangen, sitze doch der RLB-Chef auch im Aufsichtsrat der voestalpine. Überhaupt vermutet Matznetter hinter dem Interesse des Bankinstituts einzig und allein die Absicht, die "rote" Voest unter "schwarzen" Einfluss bringen zu wollen. Für den Grünen-Budgetsprecher Werner Kogler haben "Widersprüchlichkeit und Chaos in der Bundesregierung ein für nicht möglich gehaltenes und unüberbietbares Ausmaß erreicht". Während die SPÖ nach wie vor keinen klaren Privatisierungsauftrag der Regierung an die ÖIAG in Sachen Voest erkennen kann, steht eben dieser für die beiden Verfassungsrechtler Theo Öhlinger und Heinz Mayer rechtlich außer Frage: Alle notwendigen Beschlüsse für eine 100-prozentige Privatisierung seien gefasst, der Entschließungsantrag der Regierung, in dem die Sicherstellung einer 25-prozentigen heimischen Kernaktionärsstruktur gefordert wird, "rechtlich unverbindlich".

Ungeachtet dieser Beschlusslage sprach sich am Donnerstag der ÖGB in einer Resolution seines Vorstandes für eine öffentliche Kerneigentümerschaft an der voestalpine aus.