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Wahlkampf-Toast auf den Protektionismus

Von WZ-Korrespondent John Dyer

Wirtschaft

Trump läuft gegen das Freihandelsabkommen Nafta Sturm, für die Zerstörung von Millionen Arbeitsplätzen macht er die Clintons verantwortlich.


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Boston. (ce) Donald Trump macht sich Sorgen um die amerikanische Mittelklasse, zu der er die Arbeiterschaft zählt. In einer Schrottmühle in West-Pennsylvania forderte der angehende Präsidentschaftskandidat der Republikaner eine neue Ära des amerikanischen Protektionismus. Er werde alle bestehenden Freihandelsabkommen neu verhandeln, sollte er es ins Weiße Haus schaffen, versprach Trump.

"Diese Welle der Globalisierung hat unsere Mittelklasse völlig, völlig ausradiert", rief der New Yorker Bau-Milliardär in Pennsylvania, wo die Stahlindustrie in den frühen 1980er Jahren durch die Billigkonkurrenz aus Asien zusammengebrochen ist. "Das muss nicht so sein. Wir können das umdrehen, und wir können es schnell umdrehen." Trump sprach im Vorfeld eines Treffens der Präsidenten der drei Nafta-Staaten USA, Kanada und Mexiko in Ottawa. Dort wollte Präsident Barack Obama mit seinen Kollegen über die Zukunft der nordamerikanischen Freihandelszone Nafta nach dem britischen Ausscheiden aus dem gemeinsamen europäischen Markt sprechen.

Trump lobte die britischen Wähler für ihre Entscheidung, die Europäische Union zu verlassen. Und er versprach eine "Wirtschaftspolitik des Amerikanismus‘". Er werde Nafta verändern oder ganz kündigen. "Ich werde unseren Partnern sagen, dass ich beabsichtige, die Bedingungen sofort neu zu verhandeln, um ein besseres Abkommen für unsere Arbeiter zu bekommen", sagte Trump. "Und ich meine nicht nur ein bisschen besser, ich meine viel besser."

Das Nafta-Abkommen war unter der Präsidentschaft von Bill Clinton 1994 abgeschlossen worden. Das nahm Kandidat Trump zum Anlass, gleich auf dessen Ehefrau Hillary Clinton loszugehen, die angehende Präsidentschaftskandidatin der Demokraten. "Ihre ganze Karriere über - ihre ganze Karriere - hat sie den amerikanischen Arbeiter betrogen", rief Trump. "Vergesst das nie." Die Globalisierung habe die Finanzelite, die den Politikern Spenden gibt, "sehr, sehr reich gemacht. Sie hat Millionen unsere Arbeiter nichts als Armut und Herzschmerzen hinterlassen."

Böses China

Trump machte zugleich Hillary Clinton für den Aufstieg der Wirtschaftsmacht China verantwortlich, der aus seiner Sicht viele der Probleme der US-Wirtschaft verursacht hat. "Damals, als Clinton Außenministerin tatenlos zusah, hat China seinen Währungsbetrug begangen, es hat eine weitere Billion unserem Handelsdefizit hinzugefügt und hat hunderte von Milliarden Dollar unseres geistigen Eigentums gestohlen."

Die Reaktion seiner Zuhörer war gemischt. "Wir brauchen so einen Kämpfer", sagte der Anwalt Sean Logue. Der Gewerkschaftsführer Rocky DeStefano meinte: "Ich habe Angst, dass der seinen Finger auf dem Atomknopf haben könnte." Allerdings seien einige seiner Gewerkschaftskollegen auf Seite Trumps. Der Dachverband AFL-CIO allerdings kritisierte ihn. Präsident Richard Trumka: "Donald Trump redet viel über den Handel, aber seine erste Loyalität gilt ihm selber." Die US-Handelskammer, traditionell mit den Republikanern verbunden, äußerte sich kritisch: "Unter Trumps Plänen hätten wir höhere Preise, weniger Arbeitsplätze und eine schwächere Wirtschaft."

Stillstand im Kongress

Trumps Rede passt zu der Lage im US-Kongress. Dort gilt es als nicht mehr sicher, dass das von Obama unterzeichnete pazifische Freihandelsabkommen TPP zwischen den USA und elf anderen Staaten ratifiziert wird. Obama will auch das TTIP-Abkommen mit der EU noch 2016 abschließen. Aber das ist, auch durch den Brexit, auf der Tagesordnung nach hinten gerutscht. Die ehemalige Handelsbeauftragte Susan Schwab meinte, ein früher Abschluss sei zwar immer schwer vorstellbar gewesen. "Jetzt ist das undenkbar."