Sechs Parteien treten gegen die steirischen "Reformpartner" an. | Neos müssen zittern, Team Stronach und Piraten scheinen chancenlos.
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Wien. Die steirische Landtagswahl am 31. Mai ist ein Kampf der anderen. Die seit 2010 regierende Reformpartnerschaft zwischen Franz Voves (SPÖ) und Hermann Schützenhöfer (ÖVP) befindet sich auf Kuschelkurs. Sie tun sich nicht weh. "Das wäre auch unglaubwürdig", sagt Klaus Poier, Politikwissenschafter an der Karl-Franzens-Universität. Haben sie doch gemeinsam die letzten fünf Jahre beschritten. Das steirische Reform-Pärchen geht sogar so weit, dass der Zweitplatzierte Schützenhöfer keinen Anspruch auf den Landeshauptmann erhebt und Voves Schützenhöfers Stellvertreter machen würde. Triefende Harmonie, die in der Politik selten ist. Die Reformpartnerschaft wird aber unter anderem wegen schlechter Kommunikation bei den Gemeindefusionen die Zweidrittelmehrheit einbüßen. Eine weitere Legislaturperiode der Reformpartner scheint nicht in Gefahr, die SPÖ könnte aber auf Platz zwei abrutschen.
Die FPÖ führt hingegen einen lauten Wahlkampf. Diesmal gab es Kritik an den FPÖ-Plakaten mit der Aufschrift "Wohnungen statt Moscheen". In Graz gebe es 19 Gebetsräume, acht davon würden als radikal eingestuft. "Aber von der Behörde, nicht von uns", sagt der Spitzenkandidat und gelernte Kfz-Techniker Mario Kunasek (39). Die Regierungsparteien sagen, kein öffentlicher Euro sei in Moscheen geflossen, wohl aber in 800 neue Wohnungen für die Hauptstadt Graz. Es wird zwar gerade die erste Moschee in Graz gebaut, aber ohne Steuergeld. Das Plakat gefällt Kunasek trotzdem. "Es hat polarisiert, das ist gut", sagt er. "Jetzt wird darüber gesprochen." Für Aufregung sorgte zudem eine FP-Postille, die einen Vermummten mit Pistole zeigt, um das angebliche "Sicherheitsrisiko Asylheim" zu illustrieren. Dazu äußert sich Kunasek nicht. Sonst trommeln die Freiheitlichen noch gegen Gemeindefusionen und Arbeitslosigkeit.
Nach den Umfragen wird die FPÖ ihr Ergebnis von 2010 (10,66 Prozent) möglicherweise verdoppeln und damit ihr bestes in der Steiermark bei einer Landtagswahl - 17,15 Prozent im Jahr 1995 - einfahren. Das wäre nach dem Desaster 2005 von nur 4,56 Prozent (kein Mandat mehr) und der Rehabilitation 2010 mit 10,66 Prozent (sechs Mandate) heuer die zweite Verdoppelung des Stimmenanteils. An die Umfragewerte von 17 bis 24 Prozent glaubt Kunasek aber nicht. "Wenn wir in Richtung 20 Prozent gehen, ist das ein guter Erfolg".
Ein erster Platz wie im Steiermark-Ergebnis der Nationalratswahl 2013 scheint aber ebenso wenig möglich wie der zweite Platz bei der Europawahl 2014. Derzeit stellt die FPÖ wegen des Proporzes mit Gerhard Kurzmann automatisch einen Landesrat. Das System wurde allerdings abgeschafft. Die Chance, dass die Blauen wieder mitregieren, scheint mit einer weiterregierenden Reformpartnerschaft vom Tisch.
Die 44-jährige Obersteirerin Claudia Klimt-Weithaler kämpft für den politischen Gegenpol der Freiheitlichen. Für die Kommunistische Partei Österreich, kurz KPÖ. Wegen der prognostizierten Stimmverluste der Reformpartnerschaft könnte sich für die Kommunisten der Verbleib in der Landtagsstube ausgehen. Klimt-Weithaler hofft auf Stimmen aus Graz und Umgebung. Dort erreichen sie bei der letzten Landtagswahl 2010 rund 7,7 Prozent. 6,5 Prozent brauchen sie dort für ein Grundmandat, das für den Einzug in den Landtag nötig ist. In der Steiermark gibt es keine landesweite Prozenthürde.
Bei den letzten Gemeinderatswahlen gab es sogar ein leichtes Plus. "Wir sind nirgends rausgeflogen, in der Weststeiermark wiederum eingezogen", sagt sie. Laut Umfragen geht sich ein Mandat aus. "Wir haben bewiesen, dass wir als kleine Partei mit entscheiden können". Die KPÖ schreibt sich das Ende des Pflegeregresses 2014 auf ihre Fahnen.
Ein Einzug wird durch Verkleinerung der Landtagssitze von 56 auf 48 Sitze für die KPÖ "zwar nicht leichter werden, aber es sollte sich ausgehen." Die KPÖ stimmte damals dagegen, da "sie nur dem Machterhalt der Reformpartnerschaft dient", sagt Klimt-Weithaler. Für die Reformer hat sie nichts übrig: "Sie haben auf Kosten der Steirer gekürzt". Etwa am sozialen Wohnbau und der Wohnbeihilfe. Die Steirer würden derzeit mehr als die Hälfte ihres Geldes fürs Wohnen ausgeben. Weitere Themen: Arbeitslosigkeit und Armut junger Menschen. "Auch im Gesundheitsbereich wurde stark gekürzt", sagt Klimt-Weithaler. "Die 151 Millionen Euro für die Ski-WM 2013 in Schladming haben gezeigt, dass Geld dafür da war".
Schwierig wird der erstmalige Einzug in den Landtag auch für die Neos. Drei bis fünf Prozent sagen ihnen die Umfragen voraus.
Laut Spitzenkandidat Uwe Trummer, Jahrgang 1975, fischt man bei der ÖVP und bei den Nichtwählern nach Stimmen. "Bei der Landtagswahl in Vorarlberg, kam die Hälfte unserer Stimmen von Nichtwählern", sagt er. "Es wird schwer für uns. Aber es ist nicht unmöglich." Auf steirischer Gemeindeebene lief es zuletzt allerdings nicht allzu gut: Da eroberten die Neos mit durchschnittlich 3,3 Prozent nur sechs der 15 Gemeinderäte.
In Graz wurde im März nicht gewählt, dort soll das erforderliche Grundmandat für den Landtag erobert werden. Dort ist es mit 6,5 Prozent am billigsten. "Wir werden einziehen", ist sich der Unternehmer sicher. Bei der Nationalratswahl 2013 wählten sieben Prozent der Grazer pink.
Früher war Trummer ÖVP-Mitglied und in seiner Studienzeit bei der VP-nahen Aktionsgemeinschaft aktiv. Ausgetreten ist er, als Studiengebühren eingeführt wurden. Heute kämpft er für sie. "Die Zeiten haben sich geändert", sagt er. "Ich trete für nachgelagerte Gebühren ein. Die zahlt man erst später". Dadurch sollen sich Uni-Finanzen verbessern und die Ausbildung.
Pinkes Programm sind außerdem die Senkung der Lohnnebenkosten, der Ausbau der Kinderbetreuung oder die Steuerautonomie für die Bundesländer. Privatisieren möchten die Neos zudem den landeseigenen Energiekonzern. 300 Millionen sollen dann in einen Zukunftsfonds fließen.
Große Hoffnungen setzt auch das Team Stronach in die Steiermark, ist Frank Stronach dort doch vielfacher Arbeitgeber. Zum Start wurde Spitzenkandidat Wolfgang Auer nach kritischen Tönen in Richtung des Parteigründers per Aussendung durch den früheren ÖVP-Bauernbündler Josef Kaltenegger (52) ersetzt. Mit den 9,97 Prozent, die das Team bei der Nationalratswahl 2013 in der Steiermark lukrierte, darf es laut Umfragen nicht rechnen. Glaubt man diesen, geht sich der erste Landtags-Einzug nicht aus.
"Umfragen sind mir so wurscht, wie wenn ein Radl‘ in China umfällt", sagt Kaltenegger. "Am Sonntag liegen die Karten auf dem Tisch. Bei Umfragen sind die Menschen nicht ehrlich".
Kaltenegger möchte in der Verwaltung sparen und "am besten für jedes Gesetz hundert andere streichen". Es sei in der Steiermark eine "Diktatur der Minderheiten". Außerdem brauche es eine Steuererleichterung. Ab dem zweiten Kind sollen die Partner-Einkommen gemeinsam versteuert werden. Und Unternehmen, die ihren Gewinn im Inland investieren, sollen nur 10 Prozent Steuern zahlen und diese an ihre Mitarbeiter ausschütten. "So kurbelt man die Wirtschaft an und schafft Jobs", sagt er. "Irgendwie muss man die fünf Milliarden Schulden in der Steiermark ja abbauen." Er fordert außerdem, dass ein Drittel der 150 Nationalrats-Mandatare direkt vom Volk für maximal eine Amtsperiode gewählt werden soll. "Damit das Herz ins Parlament zurückkehrt."
Ein Herz nimmt sich auch der Landschaftsgärtner und Grünen-Spitzenkandidat Lambert Schönleitner (44). Er möchte "zweistellig" werden. Dafür müssten sich die Grünen-Stimmen gegenüber den 5,55 Prozent aus 2010 beinahe verdoppeln - und ihren Rekordwert von 5,61 Prozent aus 2000 weit überbieten. Bei den Umfragen liegen die Grünen bei sieben bis acht Prozent. Aber die Nationalratswahl 2013 machte Hoffnungen: Da wurden sie Erste vor der FPÖ in der Landeshauptstadt. "Nummer eins in Graz" ist Schönleitners zweites Ziel.
Mit Hypo, Bildung und Bio spielen sie Themen wie in jedem Bundesland. Kein Angriff auf die Reformpartnerschaft? "Sie haben nicht alles schlecht gemacht", sagt er. Die Gemeindefusionen wären richtig gewesen. "Das wurde aber über die Bürger hinweg entschieden." Die Schulden seien seit Voves‘ Übernahme 2005 zudem auf fünf Milliarden gestiegen. In der Verwaltung etwa seien zwar die Abteilungen halbiert worden, aber nicht die Kosten.
Unter der Wahrnehmungsschwelle dümpeln die Piraten dahin. Der Spitzenkandidat und ehemalige Softwareentwickler Peter Pöschl (53) hetzt zwar von einem Infostand zum nächsten, trotzdem weiß kaum jemand, wer er ist. "Die Medien haben auf uns vergessen", sagt er. Mit einem Budget von 1500 Euro treten die Piraten auch nur in Graz an.
Bei allen Landes- und Bundeswahlen sank das Piratenschiff schon vor der Mandatshürde. Bei der Nationalratswahl 2013 kamen sie in Graz nicht einmal auf zwei Prozent. Themen wie Transparenz, Öffi-Ausbau und Arbeitszeitsenkung dürften auch diesmal zu wenig sein. Pöschl: "Wir waren jetzt im Fernsehen. Wir haben eine Chance. Und die Umfragen werden steiermarkweit durchgeführt. Da kennt uns ja keiner."