ÖVP-Chef Schüssel sieht sich für die Wahlen gut gerüstet. | Demonstratives Lob für Gehrer. | Hohn und Spott für die SPÖ. | Wien. Über dem Großen Saal des Wiener Konzerthauses lag an diesem Montag ein Hauch von Wahlkampfstimmung. Die ÖVP hatte aus Anlass des Jahrestages der Unterzeichnung des Staatsvertrages zur traditionellen "Rede zur Lage der Nation" ihres Bundesparteiobmannes geladen - und knapp 1900 Sympathisanten und Neugierige waren gekommen, um von Wolfgang Schüssel zu erfahren, wie er wohl seine Wiederwahl im kommenden Herbst zu sichern gedenke.
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Natürlich stand dabei das Lob für die eigene Regierungsarbeit im Vordergrund: Steuerreform, Pensionsreform, Kindergeld oder die Verkürzung des Wehrdienstes von acht auf sechs Monate - sie alle würden mittlerweile international als vorbildhaft behandelt. Keinen Zweifel ließ der Bundeskanzler auch an seiner Rückendeckung für Bildungsministerin Elisabeth Gehrer aufkommen.
Natürlich durften bei diesem Anlass auch - zum Teil heftige - Attacken auf die politischen Mitbewerber nicht fehlen. "Wer nicht wirtschaften kann, kann auch keine Arbeitsplätze schaffen", schmetterte er mit dem Verweis auf Konsum, Arbö und Bawag und unter dem Applaus der eigenen Anhänger der SPÖ entgegen.
Schüssel wartete jedoch im Verlauf seiner gut einstündigen Rede nicht nur mit Wahlkampftönen auf. Überraschend vor allem sein Plädoyer für die Globalisierung: Österreich sei ein Beispiel dafür, dass die Öffnung von Märkten zum Wohle aller sei. Dies müsse den Menschen aber auch deutlich gesagt werden. Voraussetzung sei allerdings, dass diese Öffnung "auch richtig gemacht wird".
Auch müsse allen bewusst sein, dass, wenn die Konsumenten einzig und allein nach dem Prinzip "Hauptsache es kostet wenig" einkaufen, nachhaltige Konzepte etwa im Lebensmittelbereich nicht umsetzbar seien.
Zum Schluss dann aber doch wieder Wahlkampf: Österreich, so zeigte sich Schüssel überzeugt, stehe heute "sehr gut" da, gehöre das Land doch zu den Top-drei in Europa. "Wir sind auf der Überholspur und dass wir nicht zurückfallen auf den Pannenstreifen, dafür müsst ihr sorgen im Herbst bei der Wahl", rief der Bundeskanzler zum Abschluss seiner Rede dem Publikum zu.
Kritik an Anwesenheit von ORF-Generalin
Die Opposition ließ an Schüssels Auftritt erwartungsgemäß kein gutes Haar. Vor allem die Anwesenheit von ORF-Generaldirektorin Monika Lindner bei der ÖVP-Veranstaltung sorgte für heftige Kritik - auch von Seiten des Koalitionspartners BZÖ. Für SPÖ-Geschäftsführer Darabos hat Lindner "massiven Erklärungsbedarf". Grünen-Chef Van der Bellen sprach von einer "beinahe geschlossen angetretenen, laut klatschenden ORF-Führung beim informellen Wahlkampfauftakt der ÖVP". Analyse Seite 12