)
Nur noch ein Bezirksvorsteher-Stellvertreter pro Wiener Bezirk.|Mehrheitsförderndes Wahlrecht soll bleiben.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Am Mittwoch ließ die Wiener SPÖ aufhorchen: Klubobmann Rudolf Schicker kündigte an, im Zuge der geplanten Wahlrechtsreform eine 5-Prozent-Hürde in den Bezirken einführen und das mehrheitsfördernde Wahlrecht behalten zu wollen: "Da muss ich ehrlich sagen, davon rücken wir auch nicht ab", erklärte Schicker, der versicherte, dass man in allen Punkten mit den Grünen "weitestgehend klar" sei.
Das sieht der grüne Klubchef David Ellensohn nicht ganz so: "Das mehrheitsfördernde Wahlrecht ist nicht mehr zeitgemäß, deswegen wird auch ein anderes kommen", erklärte der gerade urlaubende Grün-Politiker der "Wiener Zeitung". Zu den Aussagen Schickers meinte er, dass noch gar nicht fertig verhandelt wurde. Auch die schriftlichen Stellungnahmen der Opposition seien noch nicht berücksichtigt worden. "Und solange das so ist, will die SPÖ natürlich alles so lassen, wie es ist - aber wir werden sicher einen Kompromiss finden", betonte Ellensohn voller Zuversicht.
Nicht ganz so locker hat das BZÖ reagiert: Der Wiener Obmann Michael Tscharnutter spricht von einem "roten Diktaturpaket", das in Wien drohe. "Nach dem Volksbefragungsflop zur Parkpickerl-Ausweitung sind Häupl und seine Wiener SPÖ offenbar auf die Idee gekommen, dass die Wähler auch bei regulären Wahlen nichts mehr verändern können sollen", so Tscharnutter. Und wenn es vonseiten der Grünen kein Veto gibt, dann wäre das deren endgültige Selbstaufgabe.
Besorgt zeigte sich auch der Meidlinger Bezirksrat der Bürgerliste Pro Hetzendorf, Josef Schodl. Denn eine 5-Prozent-Hürde auf Bezirksebene erschwert Kleinstparteien wie Pro Hetzendorf den Einzug ins Bezirksparlament enorm. "Schicker will offensichtlich lästige Gruppierungen loswerden", mutmaßt Schodl. "Natürlich sind wir eine unangenehme Kraft im Bezirk, wenn wir Flächenwidmungen aufs Korn nehmen und unangenehme Dinge aufdecken - aber das ist durchaus nützlich für den Bezirk, weil wir überparteilich agieren und nicht ideologisch", so der Bezirksrat.
Nur zwei über 5 Prozent
Schickers Argument, eine 5-Prozent-Hürde würde in den Bezirken zu einer schnelleren Mehrheitsbildung führen und Entscheidungen beschleunigen, bezeichnete Schodl als "an den Haaren herbeigezogen". Immerhin gebe es in Wien gerade einmal zwei "Zwergparteien" in den Bezirken Innere Stadt und Josefstadt, die bei der Bezirksvertretungswahl 2010 über 5 Prozent gekommen sind: "Wir im Ersten" hat 6,6 Prozent erreicht und "Echt Grün" 11,6 Prozent. Und selbst die können laut Schodl Bezirksentscheidungen nicht beeinflussen. "Wir können jedenfalls mit unseren 2,35 Prozent, beziehungsweise einem Mandat, gar nichts aufhalten." Auch Bezirksrat Hans Jörg Schimanek von der Liste "Wir für Floridsdorf" (3,78 Prozent) bezeichnet die geplante 5-Prozent-Hürde als "sehr undemokratisch".
Die meisten Kleinparteien, insgesamt 15, haben 2010 tatsächlich nicht einmal ein Prozent geschafft - darunter auch BZÖ, KPÖ und das LIF. Deswegen wollen die Grünen auch eher "nach unten verhandeln", wie Ellensohn erklärte. Allerdings räumte er auch ein, dass er kein Freund einer Null-Prozent-Hürde ist. Im Übrigen hat Schicker am Mittwoch auch angekündigt, dass jeder Bezirk bald nur noch einen statt bisher zwei Stellvertreter haben wird. Damit würden dann aber die Sozialdemokraten im 1., 7., 13., 18. und 19. Bezirk auch ihre Stellvertreter verlieren.
ÖVP fast zufrieden
Tatsächlich einig sind sich Schicker und Ellensohn schon über eine Stärkung der Persönlichkeitswahl, die Erleichterungen für Vorzugsstimmenkandidaten bringen soll. Weiters soll die Briefwahlfrist verkürzt werden. Schon seit längerem im Gespräch ist darüber hinaus die Abschaffung der nicht-amtsführenden Stadträte. Das Wahlrecht für EU-Bürger, das derzeit nur auf Bezirksebene gilt, soll ebenfalls ausgeweitet werden.
Die ÖVP hat sich am Mittwoch einigermaßen zufrieden über Schickers Ankündigungen gezeigt. Kritisiert wurde nur das Festhalten am mehrheitsfördernden System. "Nach wie vor wird also in Wien nicht jede Stimme gleich viel wert sein", erklärte Parteichef Manfred Juraczka enttäuscht. Und die Grünen würden dazu "lautstark schweigen".