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Drei Jahre nach der historischen Wahl von Vicente Fox zum mexikanischen Präsidenten hat seine Partei der Nationalen Aktion (PAN) schwere Einbußen bei der Parlamentswahl erlitten. Gerade einmal 31 Prozent erreichte die konservative Präsidentenpartei nach Auszählung von rund der Hälfte der Stimmen. Die Oppositionspartei PRI wurde mit etwa 34 Prozent stärkste Kraft im Unterhaus. Eigentliche Siegerin ist jedoch die linksliberale Partei PRD, die ihre Sitzzahl fast verdoppeln konnte. Der Urnengang galt als erste Testwahl für Fox.
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Den Hochrechnungen zufolge kann die Präsidentenpartei PAN mit rund 160 Sitzen im 500 Mitglieder zählenden Unterhaus rechnen. Bisher stellte sie 202 Abgeordnete und damit fünf weniger als die PRI. Die "Partei der Institutionalisierten Revolution", die bis zum Jahr 2000 71 Jahre lang ohne Unterbrechung die Regierung stellte, konnte ihre Sitzzahl hingegen von 207 auf geschätzte 222 bis 227 steigern, wie der Präsident der Bundeswahlbehörde, José Woldenberg, laut BBC bekannt gab. Die PRD machte einen Sprung von 56 auf voraussichtlich 99. Die Grünen, die im Jahr 2000 noch die Partei von Vincente Fox unterstützten, traten diesmal in einem Wahlbündnis mit der PRI an.
"Politischer Pluralismus"
Eine Mehrheit erreichte somit keine der Gruppierungen. In einem Fernsehauftritt ging Fox nicht auf das schlechte Abschneiden seiner Partei ein. Die Bürger hätten mit ihrem Stimmverhalten den "politischen Pluralismus des Landes bestätigt", sagte der Präsident. Nun sei es an der Zeit zusammenzuarbeiten. Er rief die Parteien auf, "auch das Schweigen der Nichtwähler zu hören, das eine eigene Botschaft enthält". Ersten Berechnungen zufolge beteiligten sich nur 41 Prozent der 64 Millionen Wahlberechtigten an der Abstimmung.
Aufruf zur Kooperation
Oppositionsführer Roberto Madrazo von der PRI gab sich am Tag nach der Wahl selbstbewusst: "Heute ist bestätigt worden, dass wird die führende politische Kraft im Land sind". Ihn und die anderen Parlamentsparteien rief Fox zum Schulterschluss auf, um den "notwendigen Konsens" zur Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Verbrechensbekämpfung und zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums zu erzielen. In den ersten drei Jahren seiner Präsidentschaft war der Präsident, der im Parlament nur über den Rückhalt einer Minderheit verfügte, mit vielen seiner Reformvorhaben - Steuerreform, Mehrbeschäftigung oder ein Ende des Guerilla-Konflikts in Chiapas - an der Mehrheit der Kontrahenten gescheitert. Jetzt, mit dem neuen Ergebnis, wird das Regieren für den ehemaligen Coca-Cola-Manager noch viel schwieriger. Auch eine geplante Energiereform, die private Investitionen in die Stromerzeugung und die petrochemische Industrie erleichtern soll, konnte er schon bisher wegen des Widerstandes von PRI und PRD im Kongress nicht verwirklichen. Letztere dürften sich vom Wahlergebnis in ihrem ideologisch begründeten Widerstand gegen die Lockerung von Staatsmonopolen bestätigt sehen.
Die Armut blieb
Fox hatte das Pech, dass der Beginn seiner Amtszeit mit dem Ende des wirtschaftlichen Booms in den USA, Mexikos mit Abstand wichtigstem Handelspartner zusammenfiel. Deshalb blieb er sein Wahlversprechen schuldig, pro Jahr eine Million neue Arbeitsplätze zu schaffen. Nach wie vor lebt mehr als die Hälfte der inzwischen 103 Millionen Mexikaner in Armut.
Kritiker warfen dem Präsidenten aber auch immer wieder vor, dass es ihm an politischen Geschick mangele, um unter den Parlamentariern Mehrheiten für seine politischen Vorhaben zu finden. Auch das wird jetzt für Fox nicht leichter, denn im neuen Unterhaus ändern sich nicht nur die Fraktionsstärken: Da es in Mexiko keine unmittelbare Wiederwahl gibt, ziehen 500 neue Abgeordnete ins Parlament ein, die sich dort erst einmal einarbeiten müssen.
Viele der Mexikaner, die Fox vor drei Jahren gewählt hatten und von ihm jetzt enttäuscht sind, blieben am Sonntag einfach zu Hause - über die Hälfte der Wahlberechtigten. Der Schriftsteller Hector Aguilar Camín bezeichnete dies in einer Fernsehdiskussion am Wahlabend als Anzeichen dafür, dass es im Wahlkampf zwar viele Parteien, aber kaum neue Ideen gegeben habe. Der Historiker Enrique Krauze meinte, dass sich viele Mexikaner noch immer fragten, wozu die Abgeordneten überhaupt da seien. Zugleich richtete er eine Warnung an Fox: Dieser habe es zwar geschafft, mit seinem historischen Wahlsieg 2000 die PRI aus dem Präsidentenpalast Los Pinos zu werfen. Er könne sie aber, falls sich seine Regierungsbilanz nicht bessere, auch wieder dorthin zurück befördern. Eines steht jedenfalls fest: Gelingt es Fox auch diesmal nicht, eine konsensfähige Koalition zu bilden, wird er die ihm verbleibenden drei Jahre in einer parlamentarischen Zwangsjacke verbringen.
PAN-Flop auch bei den Gouverneurswahlen
Eine Niederlage mussten Fox und seine Partei indes auch bei den parallel verlaufenen Gouverneurswahlen einstecken. Die PAN verlor in vier der sechs Provinzen die Mehrheit der Sitze an die PRI, darunter im wichtigen Industriestaat Nuevo León im Norden, einer bisherigen Machtbastion der PAN. Im Hauptstadtdistrikt Mexiko-Stadt konnte sich die linksliberale PRD mit absoluter Mehrheit durchsetzen. Bürgermeister Andres Manuel Lopez Obrador ist einer der beliebtesten Politiker des Landes. Er gilt auch als möglicher Anwärter für die nächste Präsidentenwahl im Jahr 2006.