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Der Fifa-Freispruch für Katar und Russland beleidigt jedes Gerechtigkeitsempfinden. Die Hoffnung auf Besserung ist leise - aber es gibt sie.
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Da haben wir’s, auf Seite 41 (von 42) kommt Joachim Eckert, der Vorsitzende der Fifa-Ethikkommission, zur entscheidenden Conclusio: "Zu glauben, dass Kuverts voller Bargeld im Austausch für Stimmen überreicht werden, ist naiv. Korruption wird auch im normalen Geschäftsleben auf intelligentere Weise vorgenommen." Eh. Etwa durch 1,8 Millionen teure Einladungen zu Kongressen, Zuwendungen für Projekte und Trainingseinrichtungen, die Finanzierung ertragbringender Freundschaftsspiele und das berühmte sündhaft teure Handtascherl für die Ehefrauen der Wählenden. Das alles ist im Zuge der WM-Bewerbungen für 2018 und 2022 passiert, mehr oder weniger ausgeprägt bei fast allen Kandidaten und aufgelistet von Eckert auf eben jenen 42 Seiten. Und das war noch längst nicht alles. Mohammed bin Hammam, Katarer und Ex-Chef des asiatischen Verbandes, hat Millionen an frühere Exekutivkomitee-Mitglieder überwiesen; laut Eckert habe dies nichts mit der WM-Bewerbung Katars, sondern nur mit seiner Kandidatur für den Fifa-Chefsessel zu tun gehabt. In Russland wurden angeblich Computer zerstört, sodass gar nicht ordentlich untersucht werden konnte. Und der US-Ermittler Michael Garcia, der 200.000 Seiten Dokumente gesichtet und auf mehreren hundert Seiten einen Abschlussbericht vorgelegt hat, nennt die Darstellung des deutschen Juristen "fehlerhaft und unvollständig". Er will daher berufen und fordert, dass sein eigener Bericht veröffentlicht werden müsse, damit sich jeder selbst seine Meinung bilden könne. Genau das wird aber nach derzeitigem Stand nicht passieren. Vertraulichkeit und so. Nun gut, dass die Fifa nicht die transparenteste aller Vereinigungen ist, ist jetzt nicht die ganz große Überraschung. Insofern wird sie auch diesen Sturm der Entrüstung, der über sie hereinbricht, da Eckert sie de facto freigesprochen hat und sie sich auf die ungehinderten Vorbereitungen auf Russland 2018 und Katar 2022 freuen kann, überstehen. Mehr noch: Während der Rest der Welt die Hände über den Kopf zusammenschlägt, darf sie selbst diesen erheben. Denn der Bericht, in dem die Verfehlungen einzelner als "nicht schwerwiegend genug, um eine Neuausschreibung zu rechtfertigen" dargestellt werden, enthält auch eine Laudatio auf Blatter, den angeblichen Reformer, erklärt, das Verfahren sei im Großen und Ganzen "durchdacht, robust und fair" abgelaufen und hat Tipps für die Zukunft parat. Wenn man nur einen davon befolgt, wird man das als nächsten Erfolg bewerben. Für Menschen mit einem Funken Gerechtigkeitsempfinden mag es eine bittere Pille sein, dass Zuwendungen in Millionenhöhe als Wahlzuckerl durchgehen. Doch wenn die Schweiz tatsächlich ihr Korruptionsstrafrecht verschärft, könnte auch die Fifa sich daran noch verschlucken.