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Der "Opernkrimi" "Ringkampf", der vorgestern Abend im Hörspiel-Studio (Österreich 1) gesendet wurde, hinterließ einen zwiespältigen Eindruck. Das lag wohl vor allem daran, dass er sich nicht entscheiden konnte zwischen Spaß und Ernst, Krimi und Krimiparodie, und vor allem: zwischen Dichtung und Wahrheit.
Schauplatz war das Opernhaus in Frankfurt am Main, das vor einigen Jahren tatsächlich einer Brandstiftung zum Opfer gefallen ist. Das Hörspiel macht von dieser Katastrophe Gebrauch, dichtet sie aber gewaltig um. Während in der historischen Wirklichkeit ein verarmter Mann mit der Tat auf seine verzweifelte Lage aufmerksam machen wollte, wird hier ein ergiebigerer Täter erfunden: Bellini, der italienische Chefdirigent, hat den Brand gelegt, um zu verhindern, dass Haffner, sein unendlich viel fähigerer Vorgänger, Wagners "Ring" aufführt. Zum Zeitpunkt des Hörspiels ist das Haus wieder aufgebaut und Bellini probt selbst den "Ring". Doch liegt über seiner Arbeit der so genannte "Fluch der bösen Tat". Eifersüchteleien und Intrigen brechen aus, und am Ende sind alle wesentlichen Akteure tot.
Nun hat es nach dem echten Opernbrand in Frankfurt einen Dirigenten namens Bertini gegeben, von dem meist behauptet wurde, er könne seinem Vorgänger, Michael Gielen, das Wasser nicht reichen. Ist dieser Bertini gemeint, wenn Bellini auftritt? Natürlich nicht. Es ist ja alles frei erfunden. Und doch ist das akustische Nahverhältnis zwischen Dichtung und Wahrheit hier ein bisschen unreinlich.