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Währungsfond ermittelt gegen seinen Chef

Von WZ Online

Politik

Washington/Paris. Wegen des Verdachts auf Machtmissbrauch hat der Internationale Währungsfonds (IWF) eine Untersuchung gegen seinen Direktor Dominique Strauss-Kahn eingeleitet. Der Franzose steht den Angaben eines IWF-Sprechers zufolge im Verdacht, seine Machtposition im Zusammenhang mit einer intimen Beziehung zu einer Mitarbeiterin missbraucht zu haben.


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Der Fall weckt Erinnerungen an den früheren Weltbank-Chef Paul Wolfowitz. Wolfowitz war im Mai vergangenen Jahres wegen des Vorwurfs der Günstlingswirtschaft zurückgetreten. Mit einer Gehaltserhöhung für seine Lebensgefährtin hatte er gegen die Regeln der Weltbank verstoßen.

Nach mehreren politischen Niederlagen bekam die Karriere von Dominique Strauss-Kahn vor knapp einem Jahr noch einmal richtig Glanz: Der frühere französische Finanzminister übernahm die Leitung des Internationalen Währungsfonds (IWF). Voller Tatendrang wollte er die Organisation mit ihren 2700 Mitarbeitern gründlich modernisieren. Doch nun muss sich der 59-Jährige wegen einer mutmaßlichen Affäre mit einer früheren IWF-Mitarbeiterin und des Verdachts auf Machtmissbrauch einer Untersuchung stellen. Strauss-Kahn, der für die französische Sozialdemokratie auch schon das Amt des französischen Präsidenten erobern wollte, muss um seinen Job fürchten.

Strauss-Kahn, den die Franzosen einfach nur "DSK" nennen, ist mit seiner jahrelangen Erfahrung ein ausgewiesener Fachmann für internationale Finanzbeziehungen. Der Wirtschaftsprofessor wurde 1993 nach einer Verwaltungskarriere 1993 zum französischen Industrie- und Außenhandelsminister ernannt, 1997 rückte er als "Superminister" für Wirtschaft und Finanzen auf - in einer Zeit, als die Finanzkrisen in Asien und Russland die Welt erschütterten. Seine liberale Politik gefiel auch Frankreichs Unternehmern, unter Strauss-Kahns Ägide privatisieren die als gewerkschaftshörig geltenden Sozialisten zahlreiche Staatskonzerne.

Viele sahen den redegewandten und staatsmännisch auftretenden Strauss-Kahn deshalb schon als neuen Regierungschef. Aber 1999 stolperte er über eine Affäre um angeblich unzulässige Honorar- und Gehaltszahlungen. Als die Justiz ihn zwei Jahre später von den Vorwürfen freispricht, setzt sich der Wirtschaftsexperte - der mit der bekannten französischen Fernsehjournalistin Anne Sinclair verheiratet ist - ein neues Ziel: das Amt des Staatschefs. Aber obwohl der Sozialdemokrat sehr beliebt bei seinen Landsleuten ist, wählt die sozialistische Parteibasis im November 2006 lieber die unkonventionelle Ségolène Royal zur Kandidatin für das Amt.

Als im Mai 2007 dann Nicolas Sarkozy die Präsidentschaftswahl gewinnt, kritisiert Strauss-Kahn seine linken Parteigenossen, die sich in Regierungsämter abwerben ließen, als Verräter, allen voran Bernard Kouchner. Als seine Partei dann aber auch noch die Parlamentswahl verliert, greift er bereitwillig nach dem Posten beim Währungsfonds in Washington. Sarkozy hat ihn dafür vorgeschlagen, möglicherweise mit dem Hintergedanken, einen potenziellen Gegner bei der Präsidentschaftswahl 2012 loszuwerden. Für das Amt des Staatschefs könnte Strauss-Kahn nämlich nicht kandidieren, wenn er sein gesamtes fünfjähriges Mandat beim IWF wahrnimmt.

An solche Ambitionen dürfte der in Marokko aufgewachsene Franzose, der fließend Englisch und Deutsch spricht und sich auch auf Spanisch verständigen kann, derzeit jedoch kaum einen Gedanken verschwenden. Ihm macht nach einem Bericht des "Wall Street Journal" derzeit eine intime Beziehung mit der früheren hochrangigen Mitarbeiterin der Afrika-Abteilung beim IWF, Piroska Nagy, zu schaffen. Während des "Vorfalls", der sich im Jänner 2008 in seinem Privatleben abgespielt habe, habe er "zu keinem Zeitpunkt" seine Position als Direktor des Fonds missbraucht, zitiert die Zeitung Strauss-Kahn. Ob dies wirklich stimmt, werden die Ermittler nun zu untersuchen haben.