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Währungsfonds will von der Eurozone Vorleistung

Von Hermann Sileitsch

Wirtschaft

EU-Kommission und IWF für größeren Eurohilfsfond - Berlin ist dagegen.


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Brüssel/Washington. Die Allianz der Euro-Retter kriegt Risse: Der Währungsfonds (IWF) ist beim zweiten Griechenland-Paket offenkundig nicht bereit, wieder ein Drittel der Hilfskredite zu tragen. Laut Fonds-Chefin Christine Lagarde entscheidet das IWF-Board erst Mitte März über den Beitrag - die Organisation in Washington erwartet, dass zunächst die Währungsunion ihre eigenen Feuermauern hochzieht.

Dagegen legt sich Deutschland quer. Bisher ist die Gesamtsumme der Rettungsschirme EFSF und ESM mit 500 Milliarden Euro limitiert. Zunächst wurde vermutet, Kanzlerin Angela Merkel wolle eine Aufstockung erst beim Gipfel am 1. und 2. März diskutieren, damit zuvor der EU-Fiskalpakt mit strengeren Budgetregeln beschlossen wird. Das ist erledigt, Berlin macht aber weiterhin keine Anstalten.

EU-Währungskommissar Olli Rehn forderte am Donnerstag zum wiederholten Mal eine Stärkung der "finanziellen Brandschutzmauern". Daran hänge auch der erwartbare IWF-Beitrag.

Druck auf Europa kommt überdies von den großen Wirtschaftsnationen: Die G20-Finanzminister könnten an diesem Wochenende in Mexiko eine generelle Aufstockung der IWF-Ressourcen in Aussicht stellen, falls Europa selbst mehr tut. Der Währungsfonds plant, seine Kreditmittel um 600 Milliarden Dollar mehr als zu verdoppeln. Japan soll laut Medienberichten bereit sein, 50 Milliarden Dollar beizusteuern.

Wie viel Geld wird der IWF aber für Griechenland freigeben? Die oft genannte Zahl von 13 Milliarden Euro (und 10 verfügbare Milliarden Euro aus dem ersten Paket), bestätigte IWF-Sprecher Gerry Rice am Donnerstag nicht. Schon jetzt sei die Hilfe für Athen der "größte Einzelbetrag in der IWF-Geschichte". Für die zweite Hilfstranche will der Fonds den Griechen aber mehr "Raum zum Atmen" geben und verlängert die Programmdauer von rund fünf auf zehn Jahre.

Die Beschlüsse der Eurogruppe von Dienstagfrüh sieht der Fonds-Sprecher als "starkes Paket, entscheidend ist aber die Umsetzung. Die Vorgaben sind ambitioniert, aber machbar, wenn alle Puzzlesteine zusammenpassen." Darüber, ob ein drittes Hilfspaket nötig werden könnte, wolle er nicht spekulieren.

Abweichler in Berlin

Solche Debatten kann Angela Merkel gar nicht brauchen: Sie hat vor der Abstimmung über das zweite Griechenland-Paket am Montag im Bundestag mit Abweichlern zu kämpfen. CDU-Haushaltspolitiker Klaus-Peter Willsch und der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler wollen dem Rettungspaket nicht zustimmen. Willsch kritisiert, das Geld werde ausbezahlt, obwohl Athen die Auflagen nicht erfülle - das sei Konkursverschleppung oder gar Untreue. Auch andere Abgeordnete äußerten sich skeptisch. Die oppositionelle SPD wirft Merkel vor, die Bürger zu täuschen: Das Griechenland-Paket mache nicht 130, sondern 165 Milliarden Euro aus - aus der ersten Tranche seien noch 35 Milliarden übrig, die übernommen würden. Fraktionsobmann Thomas Oppermann rechnet dennoch mit einem mehrheitlichen Ja der SPD-Mandatare: Die Alternative eines griechischen Bankrotts berge unüberschaubare Risiken.

"Freiwillig wie die Inquisition"

Eine Ablehnung des Hilfspakets gilt daher als unwahrscheinlich. Für die politisch wichtige Kanzlermehrheit darf sich die Regierung maximal 19 Gegenstimmen aus dem eigenen Lager erlauben.

Im Hinterkopf muss die Kanzlerin auch die Verfassungsrichter in Karlsruhe haben, die der Regierung Grenzen setzen. Die Budgethoheit müsse beim Bundestag bleiben - trifft die Regierung zu hohe Hilfszusagen, würde diese schleichend entzogen.

In Athen wurde am Donnerstag jenes Gesetz angenommen, welches Privatgläubigern, die nicht am freiwilligen Schuldenschnitt teilnehmen wollen, eine Zwangsumschuldung androht. Commerzbank-Chef Martin Blessing nannte den Anleihentausch "so freiwillig wie ein Geständnis in der spanischen Inquisition".