Beim Treffen der EU-Finanzminister in Luxemburg drohte Währungskommissar Joaquin Almunia Italien mit einem Defizitverfahren. Für heuer ist ein Defizit von 3,6 Prozent prognostiziert. Deutschlands Weg zurück zum Stabilitätspakt wird unterdessen vom schwachen Wirtschaftswachstum bedroht.
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Bereits das von Rom übermittelte Defizit exakt an der Drei-Prozent-Grenze für 2004 wollte das EU-Statistikamt Eurostat nicht ganz glauben. Unklare Verbuchungen orten die Kontrollore. Noch vor Ende Juni werde die Kommission einen Bericht über die anhaltend schlechte Haushaltslage in Italien vorlegen, kündigte Joaquin Almunia gestern das drohende Strafverfahren an. Die vorläufigen Prognosen für dieses Jahr liegen bei 3,6, für 2006 gar bei 4,6 Prozent. Eurostat will eine Revidierung nach oben nicht ausschließen.
Damit stünden die drei größten Wirtschaftsmächte der Eurozone unter Brüsseler Haushaltsüberwachung. Frankreich dürfte heuer die drei Prozent gerade erreichen. Für Deutschland werden 3,3 Prozent erwartet - allerdings auf Basis der Zahlen des ersten Quartals, wie Almunia betonte. Der deutsche Finanzminister Hans Eichel bekräftigte zwar den Sparwillen seiner Regierung. Die Einhaltung des Defizitlimits sei jedoch maßgeblich von der Konjunkturentwicklung abhängig. Und die ist in Deutschland mit erwarteten 0,8 Prozent Plus die schwächste in der EU.
Mit dem Wirtschaftswachstum ringt die gesamte Eurozone. Deshalb galt die Sorge der Finanzminister erneut dem hohen Ölpreis. Europa habe "die Entwicklung der Preise in den letzten Monaten unterschätzt", attestierte der Luxemburger Regierungschef und EU-Ratspräsident Jean-Claude Juncker. Der Preis sei allein seit Jahresbeginn um 40 Prozent gestiegen und dämpfe eine nachhaltige Konjunkturerholung. Juncker, der auch der Finanzminister von Luxemburg ist, sprach sich weiters gegen starke Wechselkursschwankungen aus. Diese seien aufgrund des schwachen Dollars nicht wünschenswert und eventuell zusätzlich kontraproduktiv für die Konjunktur. Der Euro pendelt derzeit um die Marke von 1,30 Dollar.
Trotz dem Ringen um Wachstum müsse der im März reformierte Stabilitäts- und Wachstumspakt unbedingt "mit der notwendigen Entschlossenheit" angewendet werden, forderte Juncker. Eine genaue Überwachung der Entwicklung sei entscheidend. Dementsprechend droht auch Portugal ein Strafverfahren. Dort stehen die Zeichen derzeit auf 4,9 Prozent Neuverschuldung 2005.