Für die Grünen in Vorarlberg ist die Koalition trotz längerer Erkrankung des Landeschefs stabil.
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Vorarlberg kommt nicht zur Ruhe. Nach wochenlangen Turbulenzen rund um den ÖVP-Wirtschaftsbund, die schließlich in einem Misstrauensantrag gegen Landeshauptmann Markus Wallner gipfelten, gibt es seit Mittwoch eine noch nicht dagewesene Situation. Der ÖVP-Landeschef muss eine längere krankheitsbedingte Auszeit nehmen. Für ihn springt seine Stellvertreterin in der Landesregierung, in Vorarlberg Landesstatthalterin genannt, Barbara Schöbi-Fink (ÖVP), die aus Feldkirch kommt, als Ersatz ein.
Die Landes-ÖVP muss auch nicht fürchten, dass die seit 2014 bestehende und durch die Wirtschaftsbund-Affäre kräftig gebeutelte schwarz-grüne Koalition nun zerbricht. Die grüne Doppelspitze im Land, Daniel Zadra und Eva Hammerer, überbrachte sofort Genesungswünsche. "Wir gehen davon aus, dass es für Wallner wieder besser wird", sagte die grüne Klubobfrau Hammerer. Die Koalition mit der ÖVP sieht sie im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" nicht in Gefahr: "Die Zusammenarbeit ist sehr stabil und vertrauensvoll. Daran wird sich nichts ändern." Auch im Landtag habe de Zusammenarbeit funktioniert.
Rücktrittsgerüchte werden zurückgewiesen
Auch der grüne Landesrat Zadra, der im März dem zum Gesundheits- und Sozialminister ernannten Johannes Rauch nachgefolgt ist, sieht durch die Erkrankung Wallners kein Ende der schwarz-grünen Koalition näherrücken: "Das zeichnet sich jetzt nicht ab." Die Arbeit in der Landesregierung gehe weiter. Das eine sei das Persönliche, das andere die politische Aufarbeitung der Wirtschaftsbund-Causa: "Von der politischen Verantwortung kann man sich ohnehin nicht davonstehlen."
Mittwochvormittag war bekannt geworden, dass Wallner "auf ärztlichen Rat hin einen mehrwöchigem Krankenstand antritt", hieß es in einer Aussendung der Landespressestelle. Die hohe Belastung habe "gesundheitliche Spuren hinterlassen". Prompt tauchten in manchen Medien Rücktrittsgerüchte auf. Diese "weisen wir auf das Schärfste zurück", hieß es in der Pressestelle. Zuletzt haben zwei ÖVP-Landeshauptleute, der Steirer Hermann Schützenhöfer und der Tiroler Günther Platter, ihren Rückzug aus der Landespolitik angekündigt.
Zwar werden in Bregenz die Krisenbewältigung, Corona und die Teuerung nochmals ins Treffen geführt. Man "vergisst" aber auch auf die Wirtschaftsbund-Affäre nicht. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat Ermittlungsverfahren gegen drei Verdächtige eingeleitet, darunter auch gegen den Landeshauptmann. Er wies die Vorwürfe bekanntlich stets zurück. Allerdings musste er sich einem Misstrauensantrag im Landtag stellen, der schließlich abgelehnt wurde, sowie einer Befragung im ÖVP-Untersuchungsausschuss im Parlament in Wien.
In der Landespresseaussendung hieß es: "Andererseits haben selbstverständlich auch die Vorwürfe rund um die Causa Wirtschaftsbund und die damit verbundenen Anstrengungen zur Klarstellung dieser gegen ihn gerichteten, haltlosen Vorwürfe zu einer außergewöhnlich hohen Belastung mit körperlichen Beschwerden geführt." Auf Nachfrage der "Wiener Zeitung" hieß es, die Causa habe Wallner "persönlich sehr viel Kraft gekostet", er müsse sich erholen, und: "Ja, selbstverständlich wird er zurückkommen."
Auf Landesebene gab es in einer schwarz-grünen Koalition ein Vorbild für eine Auszeit. In Oberösterreich musste Grünen-Landesrat Rudolf Anschober im September 2012 mehr als drei Monate lang sein Amt ruhen lassen, Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) sprang damals ein.
Schöbi-Fink wird den Landeshauptmann vertreten
In Vorarlberg ist interimistisch alles geregelt. Die Geschäftseinteilung der Landesregierung sieht für solche Situationen klare Vertretungsregeln vor. Die Aufgaben des Landeshauptmannes werden in dieser Zeit von Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink (61) übernommen. Die Doktorin der Germanistik, die Lehrerin in Rankweil und auch lange im ORF aktiv war, kam als Feldkircher Vizebürgermeisterin 2018 in die Landesregierung. Schöbi-Fink wird offiziell am kommenden Donnerstag Wallners Vorsitz in der Konferenz der Landeshauptleute an Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) übergeben.