Zum Hauptinhalt springen

Wann ist endlich "Schluss mit lustig"?

Von Heiner Boberski

Gastkommentare
Heiner Boberski ist Journalist und Buchautor. Er war unter anderem Chefredakteur der "Furche" und langjähriger "Wiener Zeitung"-Wissenschaftsredakteur.
© privat

Nehmen Politik und Bevölkerung die Covid-Pandemie nicht endlich ernst, gerät sie zur unendlichen Geschichte.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 3 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die vierte Corona-Welle ist über Österreich hereingebrochen, früher als erwartet und stärker als befürchtet. Wer gehofft hatte, die Pandemie würde im Sommer abklingen, wurde eines Schlechteren belehrt. Noch vor dem Schulbeginn und der Heimkehr vieler Urlauber schnellten Infektionszahlen und Covid-bedingte Spitalsaufenthalte wieder in die Höhe. Das exponentielle Wachstum, in dem wir uns längst wieder befinden, hat einen triftigen Grund: die weit verbreitete Impfunwilligkeit. Dazu kommt noch das extrem fahrlässige Verhalten etlicher Politiker, die diese "Pandemie der Ungeimpften" relativ tatenlos grassieren lassen. Sollten, wie einige Beobachter vermuten, bevorstehende Wahlen die Ursache dieser Untätigkeit sein, liegt ein echter Skandal vor. Wiegen ein paar Mandate mehr oder weniger wirklich mehr als die Menschenleben und Covid-Langzeitfolgen, die man damit riskiert?

Geimpfte sind zwar laut seriösen Statistiken nicht zu 100 Prozent gegen eine Infektion geschützt - das wurde auch nie behauptet -, jedoch in ungleich höherem Maße und vor allem gegen schwere Verläufe. Die Rückgabe der Normalität an Geimpfte - und Genesene mit Immunitätsnachweis - wäre kein Privileg, sondern recht und billig. Dass sich die Politik scheut, Impfungen zwingend vorzuschreiben, kann man ja noch verstehen. Sie sollte aber noch intensiver für die Impfung werben und für Nicht-Geimpfte die Corona-Maßnahmen deutlich verschärfen und rigoros kontrollieren.

Weltweit gibt es schon fast fünf Millionen Corona-Tote. Unzählige leiden an Long Covid, spüren noch monatelang die Folgen einer Infektion. Dagegen hält sich die Zahl belegter Impfschäden - allen Horrormeldungen in diversen angeblich Sozialen Medien zum Trotz - in engen Grenzen. Kleine Nebenwirkungen haben fast alle Impfungen, auch solche, die anstandslos akzeptiert werden, wenn man in exotische Länder reist. Es gibt Impfgegner, die sich mehr vor der Impfung als vor der Krankheit fürchten, aber auch solche, die hier eine ihrer wenigen Chancen sehen, ihre Opposition gegen "die da oben" oder "das System" zum Ausdruck zu bringen. Man muss auch befürchten, dass die Saat einiger dubioser Influencer und Demagogen aufgeht, denen alle Mittel und Fake News recht sind, um die Gesellschaft zu spalten.

Nicht nur die Regierenden müssen ihre Verantwortung endlich ernst nehmen, sondern auch alle anderen, die sich bei jeder Gelegenheit "lustig" an Testkontrollen und Maskentragen vorbeischummeln, vielleicht gar ihre Test- oder Impfnachweise manipulieren. Die 3G-Regel kann nur aufrecht bleiben, wenn wirklich überall streng getestet und kontrolliert wird, wovon derzeit keine Rede sein kann. Sonst gibt man dem Virus die Chance, neue Mutationen zu bilden, und verlängert die Pandemie mit all ihren katastrophalen Folgen für Gesundheitssystem, Wirtschaft, Bildung und Kultur. Jenen Politikern, die nur an Machterhalt und ihre Klientel denken, sei ins Stammbuch geschrieben: Man wird sie bei künftigen Wahlen auch daran messen, wie weit sie in der Corona-Pandemie umsichtig oder grob fahrlässig gehandelt haben.