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Wann ist Reisezeit Arbeitszeit?

Von Andreas Gerhartl

Wirtschaft

Fast immer bestehen für den Arbeitnehmer Ansprüche. | Arbeiten während des Reisens gilt als volle Arbeitszeit. | Wien. Von den zahlreichen Rechtsfragen, die Dienstreisen aufwerfen, erscheinen zwei besonders interessant: Müssen auch Reisezeiten bezahlt werden und können durch Reisezeiten die Höchstarbeitszeiten über-schritten werden?


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Um diese Fragen zu beantworten, muss zwischen verschiedenen Arten von Reisezeiten - nämlich aktiver und passiver Reisezeit - unterschieden werden.

Aktive und passive

Reisezeiten

Reisezeiten, während derer der Arbeitnehmer auch Arbeitsleistungen erbringt sind sogenannte "aktive Reisezeiten". Sie sind als normale Arbeitszeiten, also als "Vollarbeitszeit" zu werten. Als Erbringung von Arbeitsleistungen während der Reisebewegung zählt auch das Lenken eines Kfz auf Anordnung des Arbeitgebers. Reisezeiten, während derer der Arbeitnehmer keine Arbeiten durchführt, werden als "passive Reisezeiten" bezeichnet.

Das Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist dann passive Reisezeit, wenn der Arbeitnehmer während dessen keine anderen Arbeiten (wie etwa das Durchsehen von Unterlagen, Verfassen eines Protokolls auf dem Laptop) verrichtet. Hier gibt es allerdings eine Ausnahme: Zählt das Lenken eines Kfz oder regelmäßige Reisetätigkeit zu den charakteristischen Tätigkeiten eines Arbeitsverhältnisses wie beispielsweise bei Taxifahrern, Buslenkern, Außendienstmitarbeitern oder Monteuren, ist die Reisezeit des Arbeitnehmers unabhängig davon als aktive Reisezeit zu qualifizieren, ob der Arbeitnehmer selbst das Kfz lenkt oder bloß mitfährt. Für passive Reisezeiten kann im Arbeitsvertrag auch eine geringere Entlohnung als für sonstige Arbeitszeiten vereinbart werden.

Weniger Geld auch bei eigenhändigem Lenken

Sofern die Reisetätigkeit nicht zu den Tätigkeiten gehört, die der Arbeitnehmer ständig zu verrichten hat, kann eine geringere Vergütung für Reisezeiten auch dann vereinbart werden, wenn der Arbeitnehmer während der Reise selbst einen Pkw lenkt. Obwohl die Reise dann als aktive Reisezeit zu qualifizieren ist, ist eine solche Vereinbarung zulässig. Der Grund dafür liegt darin, dass der Arbeitnehmer in diesem Fall Arbeitsleistungen erbringt, die eine geringere Qualifikation erfordern als diejenigen Tätigkeiten, für die er eingestellt wurde.

Durch passive Reisezeiten können die Höchstgrenzen der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit überschritten und die täglichen Ruhezeiten verkürzt werden. Für das Ausmaß dieser Verkürzung gibt es keine Schranke, wenn während der Reisezeit ausreichende Erholungsmöglichkeiten bestehen. Durch Kollektivertrag kann konkretisiert werden, wann hier ausreichende Erholungsmöglichkeiten gegeben sind.

Am Wochenende sind Arbeitsreisen zumutbar

R esultiert aus der Reisezeit und der verkürzten Ruhezeit ein späterer Arbeitsbeginn, ist die Zeit zwischen dem vorgesehenen und dem tatsächlichen Arbeitsantritt als Arbeitszeit zu werten. Eine Reisebewegung ist auch während der Wochenend- und Feiertagsruhe zulässig, wenn dies zur Erreichung des Reiseziels notwendig ist oder im Interesse des Arbeitnehmers liegt.

Andreas Gerhartl ist Leiter der Personalabteilung des AMS Niederösterreich. Der Beitrag ist in der Arbeits- und Sozialrechtskartei des Linde Verlags erschienen.