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Wann steigen die Aktien wieder?

Von Alexander Eberan und Sieglinde Klapsch

Gastkommentare
Sieglinde Klapsch leitet das Private Banking Graz bei der Steiermärkischen Sparkasse.
© Steiermärkische Sparkasse / Kundigraber

Die Talsohle ist noch nicht erreicht. Die Aussichten für das zweite Halbjahr sind gemischt.


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Mitten im heurigen Hitzesommer geht es auch an den Finanzmärkten heiß her. Am 21. Juli reagierte die Europäische Zentralbank (EZB) auf die rasant gestiegene Inflation mit einem deutlichen Zinsschritt von plus 0,5 Prozent. Abseits der Teuerung stehen die Investoren im Bann des Ukraine-Krieges, der Gasknappheit sowie zunehmender Sorgen um das Wachstum. Zuletzt kam noch die politische Krise in Italien dazu. Regierungen, Notenbanken und Märkten stehen also weiterhin heiße Wochen und Monate bevor. Nach einem denkbar schlechten ersten Halbjahr sind die Aussichten für Aktien im zweiten Halbjahr gemischt. Die Talsohle dürfte noch nicht ganz erreicht sein.

Aus den heftigen Kursbewegungen der vergangenen Monate lässt sich aber mit ein bisschen Optimismus langsam wieder Gutes herauslesen: Der negative Effekt des starken Anstiegs der Anleiherenditen, der zuletzt vornehmlich für die Verluste bei Aktien verantwortlich war, dürfte großteils abgeschlossen sein. Gelingt es der US-Notenbank Federal Reserve, die am Mittwoch erneut den Leitzins massiv erhöht hat, die Geld- und Zinspolitik so zu steuern, dass die Inflation sinkt und keine Rezession ausgelöst wird, dann hat der Aktienmarkt eine gute Basis, um wieder zu steigen. Negativ kann sich allerdings das Risiko niedrigerer Unternehmensgewinne auswirken.

Die Fed muss die Priorität ihres Handelns auf die Bekämpfung der Inflation richten und "Demand Destruction" betreiben, also Nachfrage vernichten. Das ist ein recht grobes Vorgehen. Die Fed will tatsächlich, dass die Unternehmen Personal abbauen und somit die Arbeitslosenrate steigt. Und sie will, dass die Immobilienpreise sinken und die Aktienkurse einbrechen, damit sich die Menschen weniger vermögend fühlen und weniger Geld ausgeben. Der Bondmarkt signalisiert die kommende Rezession mit einer inversen Zinskurve. Das bedeutet, dass der kurzfristige Zinssatz höher ist als der langfristige, was in der Vergangenheit stets eindeutig ein Hinweis für einen Abschwung war.

Weil die Fed aktuell eine im Vergleich zu Europa und Japan deutlich härtere Geldpolitik fährt, hat der US-Dollar seit Jahresbeginn signifikant aufgewertet. Der Euro ist jüngst zum ersten Mal seit Ende 2002 unter Parität zum US-Dollar gefallen. Jeder Schuldner mit Verbindlichkeiten in US-Dollar, dessen Cashflow hauptsächlich in einer anderen Währung anfällt, leidet unter dieser Aufwertung. Der starke US-Dollar bedeutet für die Weltwirtschaft einen Liquiditätsentzug von gigantischem Ausmaß.

Will die EZB mit weiteren Zinsanhebungen entgegenhalten, könnte die Stabilität der Eurozone wegen der hohen Schulden einiger Euroländer wackeln. So ist die Renditedifferenz zwischen italienischen und deutschen Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit zuletzt massiv gestiegen. Um Italien und andere hoch verschuldete Länder mit höheren Zinsen nicht über Gebühr zu belasten, legt die EZB ein neues Anti-Krisen-Programm auf, das sogenannte Transmission Protection Instrument (TPI). Dennoch: Die EZB hat durch ihr zögerliches Handeln zuletzt an den Devisenmärkten an Vertrauen eingebüßt.