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Wann und wofür haftet der Anlageberater?

Von Peter Kolba

Wirtschaft

Banken können ihre Versprechen nicht immer halten. | Kostenrisiko bei Klagen ist oft hoch. | Wien. Der Kapitalmarkt ist in Aufruhr. Die Zinsen auf normalen Sparbüchern übertrumpfen die Erträge von Anleihen und Fonds. Viele Anleger, die in den letzten Jahren - etwa als Vorsorge für ihre Pension - ihr Erspartes in vermeintlich ertragreiche Produkte investiert haben, zittern um ihr Geld. Auch für Häuslbauer mit endfälligen Fremdwährungskrediten tun sich bei so manchem Tilgungsträger Deckungslücken auf.


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Dabei hatten sich die Argumente der Banken und Versicherungen sowie der Vermögensberater so gut angehört. Traumhafte Renditen wurden für die fondsgebundenen Lebensversicherungen veranschlagt; freilich fast immer mit der Erklärung im Kleingedruckten, dass diese Werte auf der Entwicklung der Vergangenheit beruhen und für die Zukunft nicht garantiert würden.

Als "ertragreich" und "sicher" wurden Anleihen bezeichnet, bei denen sich der jährliche Zinssatz nach dem ersten Fixzinsjahr invers zum Euribor, einem Referenzzinsatz im Interbankengeschäft, entwickelt, und die heute und bis zum Auslaufen in rund acht Jahren einen Zinssatz von Null erbringen. Ein sicherer Ertrag von 168 Prozent des Kapitals in zwölf Jahren endete unlängst mit dem Konkurs des amerikanischen Garantiegebers.

Wenn Dichtung und Wahrheit so klar zu Tage treten, dann stellt sich die Frage, ob der Emittent oder Vermittler der Anlagen für die Schäden haftet.

Die Gesetze verpflichten zu einer anlage- und anlegergerechten Beratung. Nicht nur die Vorzüge eines Produkts dürfen hervor gestrichen werden, auch auf Nachteile und Risken muss in einer für die Zielgruppe adäquaten Weise hingewiesen werden. Wenn ein Kunde kein Kapitalverlustrisiko eingehen möchte, dann ist eine Anlage, deren Sicherheit mit der Solvenz eines Garanten steht oder fällt, wohl das falsche Produkt.

Keine bloße Formsache

Die Anlegerprofile dienen der Objektivierung der Beratungsgespräche. Sie werden entwertet, wenn tatsächlich etwas ganz Anderes besprochen wird und das Ausfüllen des Profils zur leidigen Formsache heruntergespielt wird. So mancher sicherheitsbewusste Sparbuchsparer fand sich schon in seinem Profil, das der Vermittler ausgefüllt hat, als "risikobewusst" wieder. Gegen eine solche Beweisurkunde Prozess zu führen, erweist sich in der Praxis als durchaus schwierig.

Falsche Beratung

Liegt eine schuldhafte Falschberatung vor, dann haftet der Vermittler für den erlittenen Schaden. Der Geschädigte kann insbesondere auch Naturalrestitution - also Rückgabe des erworbenen Produktes gegen Herausgabe des Kaufpreises - und Schadenersatz für den entgangenen Gewinn einer alternativen Veranlagung begehren. Auch wegen irreführender Werbung zum Beispiel in Prospekten oder Werbefoldern kann eine Klage auf Schadenersatz eingebracht werden.

Geklagt werden muss binnen drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger, sonst ist der Anspruch verjährt. Oft wird, wenn der konkrete Schaden noch nicht feststeht, auch eine Feststellungsklage zur Vermeidung der Verjährung Mittel der Wahl sein.

Wer über eine Rechtsschutzversicherung verfügt, muss das doch hohe Kostenrisiko nicht fürchten. Man muss aber vorweg klären, ob die Versicherung auch Deckung gibt. Hat man diesen Schutz nicht und ist der Klagsbetrag entsprechend hoch, dann kann man sich auch an einen Prozesskostenfinanzierer wenden. Bei Anlageskandalen haben sich auch Sammelklagen nach österreichischem Recht bewährt. Deren Fortentwicklung zur Gruppenklage liegt im Justizministerium vor und harrt der Beschlussfassung.

Der Autor ist Leiter des Bereiches Recht im Verein für Konsumenteninformation (VKI).