"Gemeinsame Obsorge" und Praxis. | In Österreichs Sorgerechtspraxis gilt: Bei Scheidung gehen die Kinder an die Frau. Von den rund 16.000 Scheidungswaisen, die bundesweit jährlich produziert werden, bleiben gut 90 Prozent bei der Mutter - ob sie wollen oder nicht.
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Dienstag feierte Justizministerin Karin Gastinger das 2001 eingeführte "Recht auf gemeinsame Obsorge" als Erfolg. Angeblich würden schon 50 Prozent der Scheidungseltern davon Gebrauch machen. Belegen lässt sich dies aber nur mit einer nicht repräsentativen Studie aus 2004.
Doch darum geht es nicht: Denn gemeinsame Obsorge kann nach wie vor nur gemeinsam beschlossen werden, wenn die Mutter das will. Und das geschieht, selbst wenn Gastingers Zahlen stimmen, zumindest in der Hälfte aller Fälle nicht. Haben diese Kinder kein Anrecht auf beide Eltern?
SP-Frauensprecherin Bettina Stadlbauer meint, "der Elternteil soll für die Kinder sorgen, bei dem sie leben". Und: "Frauen bekommen mit Recht die Kinder zugesprochen, weil diese in der Regel ja bei den Frauen leben". Und: "Zwei Drittel der Männer verschwinden nach Scheidungen ohnehin".
Zumindest im letzten Punkt hat sie recht: Einschlägige Studien belegen, dass 70 Prozent der von der Erziehung zwangsweise ausgeschlossenen Väter innerhalb von drei Jahren den Kontakt zu ihren Kindern teilweise oder völlig verlieren. Von "freiwillig" steht allerdings nichts in den Berichten.
Siehe auchRecht auf Eltern trotz Scheidung