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"Waren mit Konzepten viel zu spät dran"

Von Walter Hämmerle

Politik

Glawischnig über die Ursachen der Wahlniederlage. | "Wurden nicht mehr als Protestpartei wahrgenommen." | Druck auf SP-VP. | "Wiener Zeitung": Gratulation zu Ihrer einstimmigen Wahl zur Klubobfrau - wie stark sind Sie jetzt wirklich bei den Grünen?


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Eva Glawischnig: Mein Gott, wie mächtig bin ich jetzt? Jedenfalls ist das Votum ein großer Vertrauensbeweis und auch Handlungsauftrag, gewisse Dinge anders und besser zu machen. Das wird keine leichte Sache werden.

Einstimmig - das heißt wohl, dass der ewige Kritiker, EU-Mandatar Johannes Voggenhuber, nicht da war?

Er war zwar da, ist aber zu spät gekommen und hat deshalb nicht mitstimmen können.

Künftiger grüner Bildungssprecher ist der Vorarlberger Harald Walser. Wurde Dieter Brosz abgestraft, dessen Rolle als Drahtzieher im Hintergrund stieß immer wieder auf Kritik?

Nein, im Gegenteil, Brosz hat diesen Wechsel selbst vorgeschlagen, eine Strafaktion war das auf keinen Fall. Außerdem wurde er als geschäftsführender Parlamentarier wiedergewählt.

Haben Sie im Rückblick einen Zeitpunkt gefunden, an dem die Grünen von der politischen Überholspur auf den Pannenstreifen gewechselt sind?

Die Zeit ab 2006 war für die Grünen sehr schwierig, wir haben auf die gesamte Verteilungsthematik als Folge der Teuerung viel zu spät reagiert. Im Mai 2008 haben wir unser Konzept dazu präsentiert, schon einen Monat später war klar, dass neu gewählt wird - da waren wir einfach zu spät dran.

Ein anderes Problem war die EU-Frage: Da hatten wir zahllose interne Debatten über die Vor- und Nachteile des Lissabon-Vertrags und wegen der "Krone"-Kampagne dagegen waren wir plötzlich nur noch in der Rolle des Lissabon-Verteidigers, obwohl wir doch eigentlich auch die EU verändern, verbessern wollen. Und auch wenn am 28. September die Mehrheit der Unter-30-Jährigen rechts gewählt hat, weigere ich mich zu glauben, dass diese alle wirklich eine rechte Politik wollen. Das war vor allem eine Protestwahl und wir wurden von den Jungen nicht mehr als Protestpartei wahrgenommen. Und schließlich haben wir uns wohl zu sehr auf die Detailarbeit konzentriert, haben praktisch fertige Regierungskonzepte erarbeitet. Das ist zwar löblich, aber viele Leute konnten schon keine Details mehr hören. Wir müssen uns wieder um die großen politischen Entwürfe kümmern.

Es gab Kritik an der überfallartigen Form Ihrer Ernennung zur designierten Bundessprecherin, ist das noch einmal thematisiert worden?

Nein, ich sehe darin auch nichts Unanständiges, im Gegenteil sogar etwas sehr Verantwortungsvolles, außerdem wurde ich vom Erweiterten Bundesvorstand gewählt, das sind immerhin 40 Funktionäre aus allen Ländern. Wir konnten uns in dieser Lage kurz nach der Wahl nicht erlauben, politisch handlungsunfähig zu sein, sondern mussten unseren Handlungsspielraum ausloten.

Eine Regierungsbeteiligung der Grünen schließen Sie nach wie vor aus?

Wir stellen uns auf Opposition ein, die Weichen laufen in Richtung große Koalition. Ich sehe aber eine Chance für die Grünen als Partner, wenn es darum geht, verfassungsändernde Mehrheiten zu bilden, Projekte in unserem Sinne zu beeinflussen. Eine Koalition mit FPÖ oder BZÖ kommt für uns nicht in Frage

Und Minderheitsregierung?

Die schließe ich nicht aus, wir werden aber sicher nicht wieder 103 Tage tatenlos zuschauen. Wenn es bis Ende November keine Regierung gibt, begeben wir uns auf freie Mehrheitssuche im Parlament für unsere politischen Ziele.

Ihnen wird von den Medien das Attribut "bürgerlich" umgehängt, stimmt es?

Das ist man offensichtlich schon, wenn man mit Messer und Gabel essen kann. Ich will mich aber nicht in solche Klischees hineindrängen lassen.