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Warme Küche für Frühmenschen

Von Roland Knauer

Wissen
Wonderwerk-Höhle in Südafrika.

Bereits vor einer Million Jahre schürten unsere Vorfahren Feuer.


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Berlin. Bereits vor einer Million Jahren schätzten die Vorfahren der Menschen die warme Küche, berichten Francesco Berna von der Universität in Boston und seine Kollegen aus Tübingen, Israel, Kanada und Südafrika im Forschungsmagazin "Pnas". Zumindest in der Wonderwerk-Höhle im Norden Südafrikas standen damals Gerichte wie Gemüseauflauf oder Sonntagsbraten bereits hoch im Kurs, schließen sie mit einem Indizienbeweis.

Frühmenschenforscher halten den Gebrauch des Feuers schon lange für einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur modernen Zivilisation. So verarbeiten menschliche Verdauungsorgane gebratene oder gekochte Speisen leichter und manche Pflanzen wie Gemüsebohnen lassen sich ohnehin erst gegart genießen, weil sie roh giftig sind. Obendrein zerstört die Hitze viele Krankheitserreger, die im rohen Fleisch oder auf der Oberfläche von schmackhaften Pflanzen lauern können. Über offenem Feuer geräucherte Nahrung wiederum verdirbt erheblich langsamer und hilft so, Zeiten mit schlechtem Angebot an Essbarem zu überbrücken. Die ersten Köche lebten daher nicht nur sicherer, sondern konnten auch ihren Speiseplan kräftig erweitern.

Weg zu größerem Gehirn

Das aber half auch der Entwicklung der Art weiter auf die Sprünge, vermuten Evolutionsbiologen: Vor allem das Volumen des Gehirns vergrößerte sich in den letzten zwei oder drei Millionen Jahren enorm. Das Denkorgan aber ist ein ziemlicher Energiefresser. Obwohl es nur etwa zwei Prozent des Körpergewichts stellt, konsumiert das Gehirn satte zwanzig Prozent der Energie, die der Stoffwechsel eines Menschen liefert. Der Verdacht liegt daher nahe, dass die warme Küche die Grundlagen der Ernährung vergrößert und so den Weg zu einem größeren Gehirn freigemacht hat.

Eindeutige Hinweise auf den Gebrauch von Feuer durch unsere Vorfahren sind allenfalls 400.000 Jahre alt, fassen Berna und seine Kollegen den bisherigen Kenntnisstand zusammen. Bei älteren Funden ist oft nicht auszuschließen, dass Frühmenschen natürlich entstandene Vegetationsbrände nutzten, um Fleisch zu braten oder ihr Süppchen zu kochen.

Die Wonderwerk-Höhle in Südafrika aber zieht sich rund 140 Meter weit ins Innere eines Hügels. Im Untergrund der Höhle fanden die Forscher in einer Schicht, die vor 0,99 bis 1,07 Millionen Jahre dort abgelagert wurde, viele angeschmorte Knochen, die Asche verbrannter Pflanzen und andere Hinweise auf Feuer. Da alle Funde mindestens dreißig Meter vom Ausgang entfernt lagen, kann dort kein natürlicher Vegetationsbrand gewütet haben. Die Forscher schlossen auch aus, dass Stürme oder Wasserfluten die angekohlten Knochen dorthin getragen hatten. Demnach sollten die Frühmenschen damals in der Höhle über einem Feuer gekocht oder gegrillt haben.

Freilich verbrannten sie wohl weder Holz noch Holzkohle, sondern trockenes Laub und Gras, vermuten die Forscher. Als sie nämlich mit einer "Fourier-Transform-Infrarot-Spektrometrie" genannten Methode die angeschmorten Knochen und Ablagerungen untersuchten, konnten sie auf Feuertemperaturen unter 700 Grad Celsius schließen, die für solches Brennmaterial typisch sind. Auch fanden sie nirgends angekohlte Holzreste. Zumindest in der Wonderwerk-Höhle bereiteten Frühmenschen ihre warmen Mahlzeiten also offenbar über brennendem Gras und Laub. Bis zum Kochherd des 21. Jahrhunderts lag also durchaus noch ein weiter Weg vor der Menschheit.