Biologe Reichholf präsentiert einen anderen Zugang zum Klimawandel. | Wien. Eigentlich ist Josef Reichholf ja Biologe und als solcher auch hochdekoriert. Gelegentlich gefällt es dem Professor an der Münchner Ludwig-Maximilians-Univer sität aber, in fremden Fachgebieten zu wildern - so geschehen am Donnerstagabend im Wiener Naturhistorischen Museum. Unter dem Titel "Klima, Wetter und unsere Katastrophensucht" hielt er dort einen Vortrag, der in vielen Bereichen so gar nicht zu dem passen wollte, was derzeit als Mainstream in der Klimawandel-Debatte gilt.
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Dass sich das Klima ändert, will freilich auch Reichholf nicht bestreiten, allerdings sind die daraus gezogenen Schlüsse durchaus andere. "Warme Zeiten sind nicht unbedingt schlechte Zeiten gewesen", erklärt Reichholf da etwa. So habe es während der Wärmeperiode im Hochmittelalter neben einer enormen Steigerung der Ernteerträge auch einen massiven Bevölkerungszuwachs gegeben. Und auch der Weinanbau am bayrischen Alpenrand sei ja per se nichts Schlechtes gewesen.
Dass es auch früher schon längere Wärmeperioden gegeben hat, ist überhaupt eine Erkenntnis, die Reichholf seinem Publikum an diesem Abend gerne mit nach Hause geben möchte. Um das zu verdeutlichen, bringt der Professor aus München dann zahlreiche historische Beispiele: Karl der Große, der seinen Untertanen den Anbau von Feigenbäumen empfohlen hat; oder die Münchner Märkte, die im Jahr 1241 bereits im März Kirschen anbieten konnten. Und auch der vielzitierte Temperaturanstieg der letzten Jahre verliert laut Reichholf dann an Signifikanz, wenn man den Beobachtungszeitraum um einige Jahrzehnte ausdehnt.
Die Kuh als Feind
Der stete Rückgriff auf das Historische hat für den Biologen Reichholf vor allem eine Funktion: Er will die "aufgebauschten Meldungen" und den nach seiner Meinung vorherrschenden Alarmismus der Medien relativieren. Besonders stört ihn dabei die alles andere verdrängende Fokussierung auf die CO 2 -Reduktion. Um eine drohende Erderwärmung zu bekämpfen - und das ist die zentrale Botschaft des Abends - sei das der falsche Hebel: teuer, ineffizient und lediglich das eigene Gewissen beruhigend. Den wahren Feind sieht Reichholf dagegen in der Kuh: Der Methanaustoß der Wiederkäuer und der massive Futtermittelimport, welcher zur Abholzung der tropischen Regenwälder führt, "sind die eigentlichen Klimakiller". Und diese ließen sich noch dazu leicht in den Griff bekommen.
Unwidersprochen blieb das alles freilich nicht. Bernd Lötsch, der Direktor des Naturhistorischen Museums, sah sich sogar zu einer Brandrede gegen Reichholf genötigt. Dieser verschweige etwa, dass es derzeit die höchste CO 2 -Konzentration in der Atmosphäre seit 400.000 Jahren gebe. Nichts von den Reichholfschen Thesen könne den Appell zur CO 2 -Reduktion entkräften. Noch einen Schritt weiter ging dann die Boku-Rektorin Ingela Bruner: Sie warf Reichholf Verantwortungslosigkeit und einen allzu selektiven Umgang mit Statistiken vor.