Das Bekenntnis zu Umwelt- und Klimaschutz sei zwar groß, doch wenn es Realität werden soll oder etwas kostet, würden alle Rechtsmittel ausgeschöpft, um dem Klimaschutz zu entkommen. Anton Wischinka, Direktor der Fernwärme, ist entrüstet, dass einzelne Mieter, die aus den Wärmelieferverträgen aussteigen wollen, den Verein für Konsumenteninformation (VKI) als Vehikel benutzen, um an dieses Ziel zu kommen.
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Eine Fernwärmeleitung ist eine sündteure Investition. Wenn sich die Fernwärme Wien dazu entschließt, muss sie sicher gehen, dass alle Mieter, die ein mit Fernwärme beheiztes Haus bewohnen, auch einen Vertrag abschließen. Daher sind die Mieter vor Abschluss des Mietvertrages gezwungen, eine unkündbare Verbindung mit der Fernwärme einzugehen. Die meisten Wohnbau-Genossenschaften (Sozialbau, Gesiba, SEG, Arwag, Wien Süd, Buwog, oder Heimbau) pflegen diese Praxis. In Gemeindebauten, die von "Wiener Wohnen" vermittelt werden, verpflichten sich die Mieter (rund 130.000) sogar, per Mietvertrag Fernwärme zu beziehen. Fernwärme-Chef Wischinka sieht in dieser Regelung die einzige Möglichkeit, die hohen Investitionskosten abzusichern.
Er hat wenig Verständnis für "ein paar Wärmeschmarotzer in gut gedämmten Wohnhäusern", die nun auf Kosten der restlichen Mieter die Wohnung mitheizen und sich die relativ hohen Grundkosten von 3,66 Euro pro m² und Jahr ersparen wollen. In diesem Betrag seien die Installationen, Heizkörper, deren Service und ein 24-Stunden-Gebrechendienst enthalten. "Man erspart sich auch die Anschaffung einer Therme," rechnet Wischinka vor.
Der VKI hat eine Verbandsklage gegen die Knebelungsverträge der Fernwärme, weil sie dem Konsumentenschutz widersprechen, eingebracht. Das Urteil in erster Instanz wurde Anfang des Jahres zugunsten des VKI gefällt, doch Wischinka hält es für bedenklich. "Dadurch wird der Wärmeklau belohnt. Sonst hat immer Gemein- vor Einzelwohl Vorrang, doch dieses Urteil dreht es zugunsten des Einzelnen um." Auch Stadtwerke-Vorstand Günther Grois hält den Entscheid für fraglich und bringt einen Vergleich: "Mieter müssen in einem Haus auch gemeinsam für den Aufzug oder die Gegensprechanlage aufkommen. Ähnlich wäre es, wenn jemand, der im unteren Stockwerk wohnt, meint, er wolle für den Aufzug nicht mehr zahlen." Grois hofft jedenfalls auf die Einsicht der zweiten Instanz. Sollte der Prozess doch verloren werden, sei zu prüfen, ob nicht die Vorgangsweise von Wiener Wohnen, die Fernwärme-Bindung im Mietvertrag zu fixieren, auch von den anderen Bauträgern übernommen wird.
Bei der Fernwärme hat vorerst man keine Angst vor einer Austrittsflut: Die Kündigungen werden im Promillebereich liegen. Denn sollte jemand auf die Wärmelieferung verzichten, wird ihm auch das Warmwasser abgedreht.
Doch Wischinka glaubt, dass vor allem Vermieter und Wohnungnachbarn Schwierigkeiten bekommen, sobald nicht mehr beheizte Wohnungen schimmeln oder Schäden im Mauerwerk aufweisen.
Einen kleinen Vorteil hätte es wohl, wenn der VKI Recht bekommt: Die Fernwärme wäre nun endlich ebenfalls in der Lage, ihr lästige Kunden zu kündigen.