Gewerkschafter fordern mehr Freizeit für alle. Proteste ab Dienstag nach dem Scheitern bei Lohnverhandlungen.
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Wien. Es war die Forderung nach einer Verkürzung der Arbeitszeit von 38 auf 35 Stunden pro Woche und nicht vorrangig die Erhöhung der Löhne. Das führte in der Nacht auf Freitag nach 16 Stunden Beratungen zum vorläufigen Scheitern der Kollektivvertragsverhandlungen für rund 100.000 Beschäftigte im Sozialbereich.
Nun sind beginnend ab Dienstag bis Donnerstag kommender Woche in etwa 75 Betrieben Warnstreiks und Protestaktionen fix. Damit verleiht die Gewerkschaft ihren Anliegen Nachdruck. Für 18. Februar wurde aber ohnehin schon eine fünfte Verhandlungsrunde vereinbart.
Die Devise laute "mehr Freizeit für alle", betont Michael Guglberger von der Dienstleistungsgewerkschaft Vida, die mit Reinhard Bödenauer von der Privatangestelltengewerkschaft (GPA-djp) die Kollektivvertragsverhandlungen führt. "Es muss eine Form der Arbeitszeitverkürzung sein, es muss nicht die 35-Stunden-Woche von heute auf morgen sein", erläutert Guglberger im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Auf dem Verhandlungstisch liegt als Alternative für mehr Freizeit auch der Wunsch nach einer sechsten Urlaubswoche für alle.
Unverständnis bei Arbeitgebern über "Fahnenfrage" Arbeitszeit
Genau das führte zum Scheitern der vierten Verhandlungsrunde. Die Arbeitgeberseite der Sozialwirtschaft mit Geschäftsführer Walter Marschitz sieht keine Möglichkeit, das zu akzeptieren. Erich Fenninger, Volkshilfe-Chef und Vorsitzender der Sozialwirtschaft, unter deren Dach rund 440 Organisationen und Unternehmen vom Hilfswerk über die Pflegeheime der Stadt Wien bis zur Behindertenhilfsorganisation Balance unter einem Dach vereinigt sind, versteht nicht, warum die Arbeitszeit nunmehr zur Fahnenfrage erklärt wird. Es gebe schon die 38-Stunden-Woche. Es bestehe außerdem schon jetzt ein Personalmangel, man brauche mehr Personal. Weil nur rund 30 Prozent in der Brache in Vollzeit tätig seien, würden nur diese von der Arbeitszeitverkürzung profiteren.
Gewerkschafterin: Trotz Protests werden alle gepflegt
Die Palette der Kampfmaßnahmen, die je nach Betrieb von Dienstag bis Donnerstag stattfinden, reicht von Betriebsversammlungen während der Dienstzeit bis zu halbtägigen Warnstreiks. Notbetrieb wird sichergestellt.
Guglberger versichert: "Es werden keine Pflegebedürftigen substanziell bei der Versorgung leiden. Es wird nicht so sein, dass irgendjemand nicht gepflegt wird." Möglich sei, dass es etwa bei den Menüs weniger Auswahl gebe.
Bei den Löhnen hat es bei der Marathonsitzung bis Freitag um zwei Uhr früh eine deutliche Annäherung gegeben. Die Arbeitgeberseite hat ihr Angebot für eine Erhöhung um 2,5 Prozent auf 2,8 bis drei Prozent nochmals nachgebessert. Die Gewerkschaft war mit der Forderung nach einem Plus von sechs Prozent in die Verhandlungen gegangen.
Das Vorgehen der Gewerkschaftsvertreter bei den Kollektivvertrags- und Lohnverhandlungen hat seit der Ankündigung eines "heißen Herbstes" im Vorjahr schon Tradition. Nach Metallern, Eisenbahnern und Handelsangestellten kommt es eben auch bei den Mitarbeitern in der privaten Sozialwirtschaft zu diversen Streik- und Protestaktionen.