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Warnsystem schon ab 2015

Von Gerhard Lechner und Alexandra Grass

Wissen

Meteoriten sind zu klein und zu schnell, um sie orten zu können.


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Wien/Moskau. Während viele Einwohner im russischen Tscheljabinsk damit beschäftigt sind, in der klirrenden sibirischen Kälte ihre Fenster abzudecken, die durch die Druckwelle der Meteoritenexplosion am Freitag geborsten sind, könnte sich der Meteorit für manch andere als Geschenk des Himmels erweisen: Bis zu 300.000 Rubel - rund 7500 Euro - haben am Wochenende Privatsammler für Gesteinsteile aus dem All im Internet angeboten. Um den Verkauf für die Wissenschaft wichtiger Meteoritenteile zu verhindern, riegelten die Behörden das Einschlaggebiet rund um den Tschebarkul-See nahe der Stadt Tscheljabinsk am Ural ab. Der Zutritt für Medienvertreter und auf eigene Faust recherchierende Wissenschafter wurde gesperrt.

Meteorit von Tschebarkul

Nachdem am Wochenende die Suche nach Meteoritenteilen an der Absturzstelle im Tschebarkul-See bereits ergebnislos abgebrochen worden war, konnten Wissenschafter am Montag doch noch eine Erfolgsmeldung verbuchen. Man habe Teile des Meteoriten gefunden, teilten Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften mit. Der "Meteorit von Tschebarkul", wie das Fundstück vermutlich genannt werden wird, gehöre zur Klasse gewöhnlicher Chondriten und habe einen Eisengehalt von rund zehn Prozent, erklärte Expeditionsleiter Wiktor Grochowski. Chondriten bilden die mit Abstand häufigste Form auf der Erde gefundener Meteoritenteile.

Das Hauptfragment des Meteoriten, dessen Explosion am vergangenen Freitag schwere Schäden angerichtet und 1200 Menschen verletzt hatte, dürfte auf dem Grund des Tschebarkul-Sees liegen. Rund um den See sind 53 Meteoritenteilchen gefunden worden, keines mehr als einen Zentimeter groß. Taucher des russischen Katastrophenministeriums hatten am Wochenende unter einem etwa sechs Meter breiten Loch in der Eisdecke des Sees nach dem Meteoritenstück gesucht, die Suche aber letztlich eingestellt. Es sei illusorisch, etwas in dem rund 1,5 Meter dicken Schlickgrund des Sees zu finden, sagte Katastrophenschutzminister Wladimir Putschkow.

Forscher der US-Weltraumbehörde Nasa gehen davon aus, dass die in der Atmosphäre freigesetzte Energie der Meteoritenexplosion etwa 30 Mal höher war als die Sprengkraft der Atombombe von Hiroshima.

Sehr klein und schnell

Während die Flugbahn großer Asteroide, wie etwa des zuletzt an der Erde vorbeigerasten "2012 DA14", gut beobachtet werden kann, sind hingegen Meteoritenabstürze sehr schwer vorhersagbar. Dies liegt daran, dass die meisten Meteoriten sehr klein und mit sehr hoher Geschwindigkeit unterwegs sind und daher nicht erkannt werden. Erreicht ein solcher dann die Erde, ist es schon zu spät. Zudem stürzen kleinere Brocken aus dem All häufiger ab, erklärt der russische Wissenschafter Wladimir Surdin in der Zeitung "RBC Daily". Zumeist landen diese in den Ozeanen oder in Wüsten, weil deren Flächen größer sind als die des bewohnten Festlandes. "Erstmals seit 200 Jahren ist ein Meteorit in einer dicht besiedelten Stadt niedergegangen", betont Surdin.

Wünschenswert wäre es, Meteoritenabstürze vorhersagen zu können. Wissenschafter arbeiten daher an der Entwicklung von Gerätschaften, um auch sehr kleine Gesteinsbrocken rechtzeitig lokalisieren zu können. Dies würde etwa eine Evakuierung der wahrscheinlichen Einschlagszone ermöglichen. Auch könnte vor der Gefahr eines Tsunamis gewarnt werden.

Warnsystem auf Hawaii

Mit finanzieller Unterstützung der US-Weltraumbehörde Nasa arbeitet die Universität von Hawaii an der Entwicklung von acht riesigen Teleskopen. Mit dem Warnsystem "Atlas" (Advanced Terrestrial-Impact Last Alert System), das 2015 in Betrieb gehen soll, werde es möglich sein, einen Zeitpuffer von mindestens einer Woche zu bekommen, erklärt der Astronom John Tonry von der Hawaii University.

Neben einem Netzwerk an Teleskopen würden aber auch im Weltraum stationierte Abwehrplattformen benötigt, mit deren Hilfe die Gesteinsbrocken zum Beispiel abgelenkt werden könnten, erklärte Lidia Rykhlova vom Astronomischen Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften. Auch die britische Raumfahrtsbehörde sucht derzeit nach länderübergreifenden Finanzierungsmöglichkeiten für die Entwicklung entsprechender Warnsysteme.