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EU-Kommission ruft zur Stärkung des verarbeitenden Gewerbes auf. | XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
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Brüssel. So hehr das Ziel, so weit ist es noch entfernt. Die EU möchte ihre Industrie stärken; deren Anteil am BIP (Bruttoinlandsprodukt) sollte bis 2020 auf 20 Prozent gehoben werden. Doch stattdessen sinkt dieser Wert: Im Vorjahr verringerte sich der Anteil auf 15,1 Prozent. Das liegt nicht unbedingt in erster Linie an den Unternehmen selbst. Die haben nach 2008 "alle Anstrengungen unternommen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten", wie die EU-Kommission bescheinigt. Doch könne "das schwere Erbe der Krise ohne geeignete Maßnahmen auf EU-Ebene und auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht überwunden werden".
Die Brüsseler Behörde hat zwei Berichte veröffentlicht, die die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in den einzelnen Ländern sowie in der Union dokumentieren. In der gesamten EU ortet sie dabei zwar gewisse Fortschritte. Doch die Probleme haben sich kaum geändert: Es sind mangelnde Investitionen, begrenzter Zugang zu Krediten bei etlichen kleinen und jungen Firmen, hohe Energiekosten und zu viel Bürokratie. Unter den Staaten gibt es allerdings erhebliche Unterschiede in der Leistungsfähigkeit sowie im politischen Rahmen.
Stagnation in Österreich
Die Kommissionsexperten fassen die Länder in vier Gruppen zusammen. Dabei weisen nur vier Mitglieder eine hohe und weiter steigende Wettbewerbsfähigkeit auf: Neben Deutschland sind es die Niederlande, Dänemark und Irland. Österreich hingegen gehört zu den Staaten mit hohen, aber stagnierenden oder gar rückläufigen Werten. Es findet sich neben Belgien, Großbritannien, Frankreich, Italien oder Finnland wieder.
Moderate, aber wachsende Wettbewerbsfähigkeit ist unter anderem in den baltischen Staaten, Polen, Tschechien, Spanien oder Portugal zu beobachten. Stagnation oder Rückgang gibt es in Slowenien, Bulgarien, Kroatien, Malta und Zypern.
In Österreich liegt der Anteil der Industrie an der Gesamtwertschöpfung immerhin bei 18,3 Prozent; "besser bestellt als im EU-Durchschnitt" ist es ebenfalls um den Zugang zu Finanzmitteln - auch wenn kleine und mittlere Unternehmen manchmal mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Allerdings habe sich laut dem in Brüssel vorgestellten Länderbericht der Aufholprozess in den Bereichen Innovation und Forschung verlangsamt und könnte das Potenzial an hochqualifizierten Arbeitskräften gesteigert werden, "indem die Anzahl der Hochschulabsolventen erhöht, die Zuwanderung von Arbeitskräften verbessert und verfügbare Qualifikationen von Frauen und Migranten verstärkt genutzt werden".
Hürden bei Kreditaufnahme
Als Hilfsmaßnahmen empfiehlt die EU-Kommission generell leichteren Zugang zu Krediten sowie das Senken der Energiepreise. Über deren Höhe klagen europäische Unternehmen schon lange. Denn im Vergleich mit ihren Konkurrenten aus den USA oder China müssen sie doppelt bis dreimal so viel für Strom und Gas bezahlen. Das beeinträchtige die Wettbewerbsfähigkeit, räumt auch die Kommission ein.
Die Steigerung der Energieeffizienz allein schafft keine Abhilfe. Zwar stünden dabei einige Industriebranchen in der Union "besser da als ihre größten Konkurrenten auf dem Weltmarkt". Aber diese Verbesserungen würden nicht ausreichen, um die Auswirkungen steigender Energiepreise auszugleichen.
"Für den Fortbestand der europäischen Industrie entscheidend" sei der erleichterte Zugang zu Finanzmitteln. Denn während die Kreditvergabe an Unternehmen in der Eurozone im Vorjahr rückläufig war, gab es sowohl in den USA als auch in Japan mehr Darlehen, die in die Realwirtschaft geflossen sind. Große Firmen haben es dabei leichter, Finanzierungsquellen zu finden, kleinere und jüngere hingegen stoßen noch immer auf Hürden.
Die Kommission weist einmal mehr darauf hin, wie wichtig eine starke industrielle Basis für das Wirtschaftswachstum und die Wettbewerbsfähigkeit ist. Immerhin hängen von ihr rund 80 Prozent der Exporte sowie fast jeder vierte Arbeitsplatz im privaten Sektor ab. Umgekehrt sind die Kosten für den Rückgang im verarbeitenden Gewerbe hoch: Seit dem Jahr 2008 sind in diesem Bereich an die 3,5 Millionen Jobs verloren gegangen.