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Warnung: Rauchen schadet dem BIP

Von Helmut Dité

Wirtschaft

"Eine rauchfreie Gesellschaft würde mehr produzieren". | Effektivere Anti-Tabak-Maßnahmen werden gefordert. | Wien. Scharfe Munition für ihren Kampf gegen das Rauchen liefert der Bundesregierung jetzt das Institut für Höhere Studien (IHS): In einer nach einem neuen "Lebenszyklusmodell" berechneten Studie übersteigen die von Rauchern verursachten volkswirtschaftlichen Kosten den "staatlichen Nutzen" - etwa durch Tabaksteuereinnahmen - bei weitem - nämlich um mindestens 430 Millionen Euro pro Jahr.


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Die Schlussfolgerungen des IHS in seiner am Donnerstag in Wien präsentierten "Ökonomischen Analyse zu den volkswirtschaftlichen Effekten des Rauchens" sind dementsprechend ebenfalls "starker Tobak": "Aus ökonomischer Sicht ist die gesellschaftliche Toleranz und die fiskalische Nutznießung des Konsums von Rauchwaren nicht gerechtfertigt"; langfristiges Ziel der Politik müsse "eine rauchfreie Gesellschaft" sein; kurzfristig müsse Österreich, das im EU-Vergleich beim Nichraucherschutz an 30. und letzter Stelle stehe, eine umfassende Mischung aus effektiven Anti-Tabak-Maßnahmen setzen - sprich: Preise und Steuern erhöhen, Rauch- und Werbeverbote verschärfen und die Entwöhnung fördern. "Hierzulande gibt es zwar ein Rauchverbot an öffentlichen Plätzen, das Gesetz wird aber kaum exekutiert", kritisierte Studienautor Markus Pock und forderte ein "öffentliches Budget für Raucherentwöhnungsmaßnahmen".

Die Autoren - neben Pock Sandra Müllbacher, Thomas Czypionka und Alexander Schnabl - vergleichen die realen Aufwendungen der jeweiligen Kosten- und Nutzenkategorie mit hypothetischen Aufwendungen einer rauchfreien Gesellschaft. Die Gegenüberstellung im Lebenszyklus zeigt, dass die volkswirtschaftlichen Kosten des Rauchens dessen "fiskalischen Nutzen" - durch Tabaksteuer und Pensionseinsparungen - jährlich um 430 Millionen Euro übersteigen (siehe Grafik).

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Ein Viertel der Kosten durch Passivrauchen

Von diesen Netto-Kosten ist knapp ein Viertel auf Effekte des Passivrauchens zurückzuführen. Das IHS bezieht in seine Bilanz auch hypothetische Schadenersatzzahlungen an Passivraucher in Höhe von 81 Millionen Euro ein und kommt damit auf einen Gesamtschaden von mehr als 511 Millionen Euro pro Jahr.

Der größte Brocken auf der Kostenseite ist mit mehr als 1,43 Milliarden Euro pro Jahr der wegen "höherer Morbidität und Mortalität" anfallende Arbeitsausfall. Im Jahr 2003 sind in Österreich 8600 Menschen ursächlich aufgrund von Tabakkonsum gestorben, das war etwa jeder zehnte Verstorbene. Aktive Raucher sterben im Vergleich zu lebenslangen Nichtrauchern im Schnitt um fünf Jahre früher. Passiv-Raucher verlieren rund neun Monate ihrer Lebenserwartung.

Die berechneten Zahlen stellten jedoch trotz allem immer noch eine Unterschätzung der wahren Kosten von Rauchen dar, wird betont. Denn Kostenaspekte wie durch Rauchen verursachte Arbeits- und Verkehrsunfälle, Sachbrände, Warte- und Wegzeiten für medizinische Behandlungen oder auch Rauchpausen während der Arbeitszeit wurden nicht erfasst.