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Warnung vor baldiger Wahl

Von Martyna Czarnowska

Politik

Wenn sich Polens designierter Ministerpräsident Marek Belka morgen dem Vertrauensvotum im Parlament stellt, sind seine Chancen auf eine Stimmenmehrheit gering. Gewiss ist ihm nur die Unterstützung der regierenden SLD (Bündnis der Demokratischen Linken). Andere Parteien haben bereits ihre Ablehnung der Regierung Belka angekündigt.


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Marek Belkas Chancen, als Polens Premier bestätigt zu werden, schwinden immer mehr. Kurz vor der morgigen Abstimmung im Sejm, dem Parlament, haben sich auch Andrzej Lepper von der radikalen Samoobrona (Selbstverteidigung) und Roman Jagielinski, Vorsitzender des Föderativen Parlamentarierklubs (FKP), geeinigt: Ihre Parteien unterstützen Belka nicht. Auch die von der SLD abgespaltene Sozialdemokratie Polens bleibt bei ihrer Ablehnung der designierten Regierung.

Tags zuvor hatte Belka vor dem Versuch gewarnt, vorgezogene Neuwahlen in diesem Sommer oder Herbst durchzusetzen. Er fürchte nicht nur eine Destabilisierung des Landes, sondern auch den Verlust von Chancen nach dem EU-Beitritt.

Dürften einige Parteien auch baldige Neuwahlen wegen mangelnder Unterstützung innerhalb der Bevölkerung fürchten, scheinen andere Fraktionen darauf hinzuarbeiten. So hat die oppositionelle Bürgerplattform (PO) schon vor Wochen dafür plädiert.

Einzig mit den Stimmen der regierenden SLD und der kleinen Koalitionspartnerin Arbeitsunion (UP) kann Belka morgen rechnen. SLD-Vorsitzender Krzysztof Janik, der - wie berichtet - für Herbst seinen Rücktritt angekündigt hat, sicherte dem Premier die Unterstützung des gesamten Klubs zu.

Sollte Belka keine Stimmenmehrheit erlangen, liegt es an den Parlamentsabgeordneten, innerhalb von vierzehn Tagen eine Regierung zu bilden. Gelingt das nicht, ergreift Staatspräsident Aleksander Kwasniewski abermals die Initiative - und favorisiert wahrscheinlich wieder Belka. Von der Bevölkerung wird dieser jedenfalls positiv bewertet. Nach einer von der Presseagentur PAP zitierten Umfrage glauben 61 Prozent der Polinnen und Polen, dass Belka für die Funktion des Premiers geeignet wäre.

Die instabile politische Situation drückt auch die Stimmung an der Warschauer Börse. Vor allem ausländische Anleger verkaufen in großen Mengen Staatsanleihen. Befürchtet wird besonders die Auflösung des Parlaments. Denn das wäre das Ende des ebenso ehrgeizigen wie notwendigen Konzepts von Wirtschaftsminister Jerzy Hausner zur Sanierung des Staatshaushaltes.