Olli Rehn: Kaum Wachstum, aber auch keine Rezession. | Notenbanken stützen mit US-Dollar.
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Brüssel/Breslau. Wenn die EU-Finanzminister einander am Freitag das erste Mal sei der Sommerpause treffen, haben sie einiges zu tun. Nicht nur tauchen bei der Rettung Griechenlands ständig neue Hürden auf. Schlimmer noch: Der EU drohe ein "Teufelskreis aus Staatsschulden, Bankenkapitalisierung und Rezession", zitiert Reuters ein Papier des einflussreichen Wirtschafts- und Finanzausschusses (WFA) für die Minister. Die Schulden- und Bankenprobleme seien über den Sommer intensiver geworden, die Ansteckung habe sich über die Märkte und Länder ausgebreitet, die Krise sei inzwischen "systemisch". Die Folge könne eine neue Kreditklemme sein.
Erst unlängst haben die Experten von Wirtschaftskommissar Olli Rehn über den weiter steigenden Schuldenberg der EU-Länder berichtet. Am Donnerstag legte der Finne persönlich mit seinem vorläufigen Wirtschaftsausblick nach: Mit dem Wachstum ist es zu Jahresende so gut wie vorbei. Die Wachstumsraten für die Eurozone sollen im dritten Quartal mit 0,2 Prozent halb so stark sein, wie noch im Frühjahr erwartet. Im vierten Quartal beträgt die jüngste Einschätzung mit 0,1 Prozent überhaupt nur noch ein Viertel von damals. Der Abschwung betrifft die sieben größten Wirtschaftsmächte der EU, die gemeinsam 80 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung ausmachen. Nur wegen des unerwartet starken ersten Halbjahres bleiben die Prognosen übers Jahr für die Eurozone gleich und sinken für die EU bloß um 0,1 Prozentpunkte. "Das Wachstum wird faktisch stillstehen, aber wir werden keine neue Rezession haben", versuchte Rehn zu beruhigen.
Gründe gibt es laut Kommission einige: Das globale Wachstum verlangsamt sich. Die Exportnachfrage lässt daher wie der Konsum nach, die Staatsschuldenkrise hat sich nicht wie erhofft verbessert und die andauernd fragile Situation auf den Finanzmärkten drückt zusätzlich das Vertrauen und erhöht die Investitionskosten. Für Unternehmen und Haushalte sei es schwieriger geworden, Kredite zu bekommen. Von einer Kreditklemme ist - im Gegensatz zum WFA-Papier - noch keine Rede.
Dollar für die Eurozone
Im WFA-Papier hingegen empfehlen die höchsten Finanzbeamten der Mitgliedsstaaten ihren Ministern schon einmal, die Kapitalausstattung der Banken zu stärken. In dieselbe Richtung gehen die Aussagen von Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia vom Donnerstag. Die wegen der Krise gelockerten EU-Regeln für staatliche Bankenbeihilfen würden nicht wie geplant zu Jahresende wieder verschärft, sagte er angesichts der angespannten Lage im Finanzsektor.
Um die Vertrauenskrise zu besänftigen, schlossen sich daher am Donnerstag die wichtigsten globalen Notenbanken zusammen, um die Dollarversorgung bis Jahresende zu gewährleisten. Die Europäische Zentralbank (EZB) will in Kooperation mit der US-Notenbank Fed, der Bank of England, der japanischen Notenbank und der Schweizer Nationalbank den Banken der Eurozone zusätzliche Dollar-Kredite gewähren. Die Aktion schickte die Kurse von Euro und Bankaktien in die Höhe - auch die zuletzt unter Druck geratenen französischen Institute konnten aufatmen.
Im Besonderen werden sich die Finanzminister bei ihrem Treffen freilich auch mit Griechenland beschäftigen. Sollten die Angebote der Griechen überzeugend sein, könnten die Experten von EU-Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds nach Athen zurückkehren und ihre Bewertung bis Monatsende abschließen, sagte Rehn. Dann könnte auch die nächste Milliarden-Euro Tranche überwiesen werden und die drohende Zahlungsunfähigkeit verhindert werden.