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Warten auf den Durchbruch

Von Thomas Seifert und Arian Faal

Politik

Am Wochenende wird in Wien erneut um eine Lösung im Atomstreit mit dem Iran gerungen.


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Wien.Es dreht sich also wieder einmal alles um Zentrifugen. US-Außenminister John Kerry war seit dem Wochenende in Wien und hat in seinen dreitägigen Gesprächen mit dem iranischen Außenminister Mohammad Javad Zarif "Fortschritte" im Streit um das Atomprogramm des Iran erzielen können. Der Knackpunkt ist aber, wie viele Zentrifugen der Iran betreiben darf. Kerry bekräftigte diesbezüglich die "kristallklare" Position der USA, dass die bestehenden 19.000 iranischen Zentrifugen zur Uran-Anreicherung "zu viel" seien, spielte aber die Aussagen des Obersten geistlichen Führers des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, herunter, der gemeint habe, der Iran bräuchte zehnmal so viele Zentrifugen, wie jetzt verwendet werden.

Der Iran beharrt auf sein Recht zur friedlichen Nutzung der Atomenergie, laut Kerry braucht die Welt Vertrauen, dass das Nuklearprogramm friedlich bleibt. "Diese beiden Ziele sind nicht inkompatibel. Wir haben aber noch nicht die richtige Formel gefunden", sagte Kerry. Neben der Frage der Anzahl der Zentrifugen geht es auch darum, wie lange die Nuklear-Aktivitäten des Iran eingeschränkt bleiben sollen. Teheran will dem Stopp der Uran-Anreicherung auf 20 Prozent für "drei bis sieben Jahre" zustimmen, die USA fordern einen mindestens zehnjährigen Zeitraum.

Kerry wird nun vorerst zurück nach Washington fliegen, um sich mit US-Präsident Barack Obama und der Führung des US-Kongresses zu beraten. Er steht dabei jedoch unter Zeitdruck: Am kommenden Sonntag läuft auch das in Genf verhandelte Übergangsabkommen nach sechs Monaten aus. Die 5+1-Gruppe der UNO-Vetomächte (China, Frankreich, Großbritannien, Russland, USA) und Deutschlands wollten bislang nichts von einer Verlängerung des Abkommens wissen. Doch die Zeit drängt, denn auch die Sommerpause des US-Repräsentantenhauses naht. Einige republikanische Abgeordnete, die das Abkommen ohnehin kritisch sehen, könnten nach Ablauf der Deadline noch im Juli eine weitere Verschärfung der Sanktionen beschließen, wenn bis dahin keine Einigung erzielt worden ist. Dies würde wohl die iranische Führung dazu bringen, wieder einige Schritte hinter die bisher erzielten Punkte zurückzugehen. Nicht zuletzt deshalb hat es in den letzten Tagen Fortschritte gegeben: Die Chemie zwischen Zarif und Kerry wird aus Verhandlerkreisen als gut geschildert, offenbar hat sich bei den Gesprächen in Wien seit Sonntag eine Vertrauensbasis zwischen beiden Außenministern entwickelt. Zarif sei ein "harter Verhandler", aber mit "guten Absichten", attestierte Kerry. Zarif sprach nach einem Bericht der iranischen Nachrichtenagentur IRNA von "guten Gesprächen". Aus iranischen Diplomatenkreisen hörte man, dass in fünf von sieben großen Streitfragen eine Einigung erzielt worden sei. Auch die iranische Seite strebe eine Einigung bis 20. Juli an.

Vorsichtiger Optimismus

Wenn man die Verhandlungen als Zug betrachtet, wurde Irans Außenminister Zarif im Zuge der Pressekonferenz am Dienstag von der "Wiener Zeitung" gefragt, wie nahe ist dieser Zug dem Endbahnhof? "Der Zug ist noch nie so robust auf den Schienen gestanden", antwortete Zarif, "wenn der politische Wille da ist, dann werden wir den Bahnhof erreichen." Die Frage ist freilich, wie er einen Atom-Kompromiss den Hardlinern in Teheran verkaufen will: "Was wir hier machen, ist innerhalb der iranischen Gesetze. Ich bin in Wien, um das beste für die iranische Nation herauszuholen, noch dazu hat der oberste geistliche Führer Ayatollah Ali Khamenei in den letzten Tagen mehrfach kundgetan, dass wir seine vollkommene Unterstützung haben." Und was die Zustimmung im Parlament betrifft: Zarif ist überzeugt, "dass zum gegebenen Zeitpunkt zum Wohle des Landes gehandelt wird." Man habe bisher bei diesen Verhandlungen über Lösungen, nicht Positionen gesprochen, alle hätten einander zugehört. "Wenn es einen politischen Willen gibt, kann man innerhalb von Stunden und Tagen zu einem Ergebnis kommen", zeigte Zarif sich optimistisch. Zarif wolle jedenfalls bis zum Wochenende in Wien bleiben und weiter verhandeln.

Kerry deutete am Schluss seiner Pressekonferenz an, dass er sich ebenfalls wieder in die Wiener Atomgespräche einschalten könnte. "Wir sehen uns wieder, zu einem bestimmten Zeitpunkt", sagte er den Journalisten.