Trockenheit führt zur Verknappung von Lebensmitteln und höheren Preisen.
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Iowa. Wann immer es nun einen kleinen Regenschauer gibt, bekreuzigt man sich im gottesfürchtigen Bundesstaat Iowa. Endlich, Ende August hat das Wetter Nachsehen mit der Landwirtschaft. Nach zwei Monaten unbarmherziger Dürre in weiten Landesteilen der USA sieht es endlich so aus, als wäre nicht alles verloren. Schon, für die Maisernte sieht es düster aus, denn für Mais war die ausschlaggebende Wachstumszeit Juni und Juli.
"Vor einem Monat habe ich gedacht, wir können uns die Soja-Ernte auch abschminken. Jetzt habe ich aber Hoffnung", erklärt Keith Martz, der mit seinem Bruder David eine knapp 500 Hektar große Familienfarm mitten in Iowa betreibt. Das Haupteinkommen besteht aus den Mais- und Sojafeldern; die Rinderzucht sowie die Schweine, die er für den Lebensmittelproduzenten Cargill in Kommission auffüttert, laufen nur so nebenbei mit. Cargill ist der alles beherrschende Lebensmittelgigant im Mittleren Westen, der unter anderem die Samen für die Nutzpflanzen an die Bauern verkauft.
Frühe Ernte, um noch mehr Schäden zu vermeiden
Keith und seine Kollegen sind davon überzeugt, dass die Maisernte ohne das genetisch modifizierte Saatgut von Cargill noch viel mauer ausfallen würde. "Gerade in Jahren wie diesen helfen diese Saatkörner ungemein", meint Keith. Pflanzen aus naturbelassenem Saatgut würden gerade bei diesen Witterungsbedingungen viel eher Krankheiten an der Wurzel bekommen. Der Mais auf den Feldern der Martz-Familie ist "round-up ready" - man kann das Pestizid "Round-Up" (der Marke Cargill) problemlos über den Mais (dessen Samen ebenso aus dem Hause Cargill kommt) sprühen.
Wieviel nun von der Maisernte unter dem Strich tatsächlich übrig bleibt, ist schwer abzuschätzen. Sicher ist nur, dass der "Temperatur-Stress" für die Pflanzen im Juni und Juli "doppelt so hoch war wie in normalen Jahren", erklärt Virgil Schmitt, Agrarökonom der Iowa State University und untermauert diese Behauptung mit diversen Grafiken über die Hitze, die in den vergangenen Monaten das Agrarland der USA heimgesucht hat. "Viele Farmer müssen beispielsweise jetzt schon ihren Mais ernten, obwohl er noch nicht ausgewachsen ist. Bei den jetzigen Witterungsbedingungen können nämlich sonst Krankheiten und Fäulnis einsetzen", meint Schmitt. Nicht gegen alles ist ein Cargill-Kraut gewachsen.
Getreide-Ernte versichert mit Regierungssubventionen
In einem normalen Jahr ist Mais in den USA ein Geschäft von 15,1 Milliarden Dollar. Der Ertrag von Soja beläuft sich auf 12,5 Milliarden Dollar. Dagegen sehen die 4,6 Milliarden Dollar der Baumwoll-Industrie recht gering aus.
Insgesamt betragen die Agrarexporte der USA 109 Milliarden Dollar, der flächenmäßig nicht besonders große Staat Iowa liegt hier mit einem Anteil von 6,5 Prozent an Platz zwei (hinter Kalifornien). Für die Vereinigten Staaten wurden die Exporte in den vergangenen Jahren immer mehr zu dem verlässlichsten Standbein der Wirtschaft - während in der Finanzwirtschaft noch kein Ende der Abwärtsspirale absehbar ist und auch die Autoproduktion noch nicht wieder ganz in Schwung gekommen ist.
Die Weltbevölkerung wächst ständig, die Nahrungsgewohnheiten werden in der neuen Mittelschicht (vor allem in Asien) anspruchsvoller und die "USA sahen sich als der große Gewinner", doziert Jim Jenner, ebenfalls Agrarökonom an der Iowa State University. Haben die USA doch 13 Prozent der weltweiten Agrarfläche bei nur fünf Prozent der Weltbevölkerung (zum Vergleich: China hat fünf Prozent der weltweiten Agrarfläche bei 19 Prozent der Weltbevölkerung).
Für die US-Farmer ist die Dürre finanziell problemlos verkraftbar. Einige werden wohl sogar mit Gewinn aussteigen. Das liegt einerseits an den steigenden Getreidepreisen, andererseits daran, dass 90 Prozent des in den USA angebauten Getreides versichert ist. Wieso auch nicht - die Prämien dafür zahlt mit einem Anteil von mehr als 70 Prozent die US-Regierung. Teuer wird es für Versicherer wie die Allianz, die die Dürre nicht vorhergesehen haben. Und die Weltbevölkerung, denn die Lebensmittelpreise werden durch die Verknappung steigen. Dabei ist hier nicht nur von Mais und Soja für den Verzehr durch Menschen die Rede, sondern auch von Fleisch - denn auch die daraus bestehenden Futtermittel werden teurer. Viele Farmer werden nun schnell ihre Tiere schlachten, da sie sich die Fütterung nicht mehr leisten wollen. Mittelfristig kommt es dann auch hier zu einer Verknappung.
Wissen: Die politische Situation
Iowa ist ein Swing-State, die Bevölkerung hat 2008 für Barack Obama gestimmt, doch sein Sieg ist dieses Jahr mehr als ungewiss. Die Republikaner feilschen mit den Demokraten um jede Stimme in den - insgesamt zehn - unentschiedenen Bundesstaaten. Mit ein Grund, warum die "Farmer’s Bill", über die Subventionen für die Agrarbetriebe, dieses Jahr noch nicht den - republikanisch dominierten - Senat passiert hat und seit Sommer auf Eis liegt: Denn, sollten Subventionen gekürzt werden, ginge das sicher gegen den Strich der agrardominierten Staaten wie Iowa.
Doch würden die Farmer wieder und vielleicht sogar mehr Geld erhalten, kämen die Republikaner in Erklärungsnotstand, denn ihr Rezept im Wahlkampf ist das der Budgetkürzungen. Auch in Ethanol-Fragen hält sich Mitt Romneys Lager dementsprechend bedeckt. Er will zwar vor allem Benzin in den Autos sehen, aber unter Barack Obama wurde die 10-Prozent-Ethanol-Beimischung in Treibstoffen durchgesetzt: Gute Nachrichten für die Soja-Farmer, und das, obwohl auch in den USA die Diskussion "Tank vs. Teller" immer mehr an Momentum gewinnt. 40 Prozent des US-Sojas wird für Ethanol verwendet. Allerdings kommen die Reste wieder in die Futter-Produktion, "also gehen unter dem Strich nur 28 Prozent des Sojas in den Tank", erklärt Agrar-Experte Jim Jensen. Ethanol ist inzwischen mengenmäßig in den USA gleich auf mit Erdöl, das aus Saudi-Arabien importiert wird.