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Warten auf die Aufrüstung

Von Daniel Bischof

Politik

Nach Beginn des Ukraine-Krieges wurde eine deutliche Erhöhung des Bundesheer-Budgets gefordert. Seither ist es ruhig darum geworden.


Es war eine Forderung, die nach Ausbruch des Ukraine-Krieges oft auftauchte: Das Bundesheer soll mehr Geld bekommen. Österreichs Verteidigungsausgaben müssten auf mindestens ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht werden, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im März. Es gebe beim Bundesheer "keinen Bereich, wo es keinen Modernisierungsbedarf gibt", warnte der damalige Generalstabschef Robert Brieger. Und auch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) gab an: "Um alle Herausforderungen erfüllen zu können, brauchen wir beginnend ab heuer ein Prozent des BIP, und dieser Wert muss weiter steigen, um den Investitionsrückstau zu beseitigen."

Ein halbes Jahr später ist es um die Budgeterhöhung ruhig geworden. Die Teuerung und Hilfspakete dagegen dominieren die politischen Debatten. Das Thema sei eingeschlafen, sagt FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch. Wöchentlich warte er auf den Ministerratsvortrag dazu: "Davon ist bis jetzt aber nicht die Rede." Neos-Wehrsprecher Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ist ebenfalls skeptisch: "Ich wäre mir nicht so sicher, dass da etwas kommt."

Aus dem Verteidigungsministerium heißt es hingegen, dass die Verhandlungen "im Endspurt sind", so eine Sprecherin von Ministerin Tanner. Es gebe einen breiten Konsens, dass das Heer mehr Budget erhalten solle. Derzeit arbeite man mit dem grünen Koalitionspartner noch letzte Details aus. Auch laut dem Grünen-Wehrsprecher David Stögmüller sind die Verhandlungen bereits in einem "fortgeschrittenen Stadium".

Viel Zeit bleibt nicht mehr. Mitte Oktober hält der Finanzminister seine Budgetrede im Nationalrat. Bis dahin werde die Einigung unter Dach und Fach seien, heißt es vom Verteidigungsministerium und Stögmüller.

100 Milliarden Euro für Sonderinvestitionen

Im Zuge des Ukraine-Krieges entschieden sich bereits einige Staaten dazu, mehr Geld in ihre Armeen zu investieren. Der deutsche Bundestag beschloss Anfang Juni eine 100 Milliarden Euro schwere Sonderinvestition in die Bundeswehr, neben der Ampelkoalition stimmten auch CDU/CSU dafür. Die Koalition hatte das Paket gemeinsam mit der Union verhandelt.

Auch in der Schweiz ist die Erhöhung des Militärbudgets politisch schon in die Wege geleitet worden: Die Militärausgaben sollen bis 2030 auf mindestens ein Prozent des BIP steigen, das wären rund sieben Milliarden Schweizer Franken und zwei Milliarden mehr als bisher.

In Österreich gibt es bisher nur politische Bekenntnisse zu einem höheren Militärbudget. Am 25. Februar sprach sich der Nationale Sicherheitsrat - in dem Beratergremium der Bundesregierung sind alle Parlamentsparteien vertreten - für Investitionen in das Heer aus. Es folgten Rufe aus Politik und Militär nach einer Budgeterhöhung, und Ende März sah es so aus, als wäre eine Einigung erzielt worden.

Medial wurde damals über ein "Neutralitätspaket" berichtet, das Tanner den Wehrsprechern aller Parteien präsentiert habe. Demnach erhält das Bundesheer einen zehn Milliarden Euro schweren Sonderfonds für Investitionen, das Regelbudget wird bis 2027 auf 1,5 Prozent des BIP angehoben. Zum Vergleich: Das Verteidigungsbudget des Bundesheeres beträgt heuer rund 2,7 Milliarden Euro. Im Jahr 2020 machte der Anteil der Verteidigungsausgaben am BIP 0,671 Prozent aus, 2021 waren es 0,661 Prozent.

Doch aus dem medial lancierten Paket wurde nichts. Die Wehrsprecher dementierten, dass ihnen Zahlen vorgelegt wurden, auch der grüne Koalitionspartner war verwirrt. Von dem Paket war danach nichts mehr zu hören. Ein Militär meint gegenüber der "Wiener Zeitung", dass politisch der "günstigste Zeitpunkt" für die Aufrüstung wohl verpasst worden sei. Zu Beginn des Krieges in der Ukraine sei die Akzeptanz für höhere Budgetmittel für das Heer groß gewesen, aufgrund der Teuerung und hohen Energiepreise sei diese aber wieder gesunken.

Einbindung der Opposition

Offen ist, inwieweit die Opposition eingebunden wird. Tanner will das Heeresbudget mit einer Zweidrittelmehrheit verfassungsrechtlich absichern. SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer fordert, dass das Investitionsgesetz einer Kontrolle durch die parlamentarische Bundesheerkommission unterliegt.

Von den Regierungsparteien sei bisher niemand auf sie zugekommen, erklären die Wehrsprecher der Opposition übereinstimmend. Die Opposition in den Budgetprozess selbst einzubinden, sei schwierig, sagt Stögmüller. Im Zuge der weiteren Verhandlungen werde es aber sicherlich noch zu einer Einbindung kommen.