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Warten auf die Umfrage-Delle

Von Christian Rösner

Politik
© Moritz Ziegler

In Wien könnte im März 2019 gewählt werden. Eine Analyse.


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Wien. Eigentlich müsste sie noch heuer im November stattfinden, die vorgezogene Wien-Wahl. Also aus Sicht der Wiener SPÖ. Alle Faktoren würden dafür sprechen.

Erster Punkt: Die türkis-blaue Bundesregierung ist gerade sehr mit der EU-Ratspräsidentschaft beschäftigt - insbesondere EU-Minister Gernot Blümel, seinerseits auch designierter ÖVP-Spitzenkandidat für die Wien-Wahl, die ja eigentlich erst 2020 anstehen würde.

Zweiter Punkt: Die Wiener Grünen stehen derzeit noch ohne Spitzenkandidaten da. Abgesehen davon haben sie in ihrer zweiten Amtsperiode ohnehin deutlich an Profil verloren - was dann noch die Wahlniederlage der Bundes-Grünen sicherlich nicht besser gemacht hat.

Dritter Punkt: Jetzt noch, also am Start seiner Amtszeit als Bürgermeister, wäre es für Michael Ludwig noch leicht, die Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner aufzukündigen. "Allein schon eine Begründung wie: Ich will ein Bürgermeister der Bürger sein und nicht ein Bürgermeister der Funktionäre, würde schon reichen, um für so einen Schritt Zustimmung zu bekommen", meint etwa auch der Politologe Thomas Hofer in einem Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Vierter Punkt: Ebenso wie die ÖVP ist auch die FPÖ mit der EU-Ratspräsidentschaft beschäftigt - und Landesparteiobmann Johann Gudenus ist nicht der Bürgermeisterkandidat, der die Blauen an die Spitze bringen könnte. Ebenso nicht der Wiener FPÖ-Vizebürgermeister Dominik Nepp. Ihm fehlt es nach wie vor an Bekanntheit.

Fünfter Punkt: Den Wiener Neos ist mit Beate Meinl-Reisinger sprichwörtlich ihr einziges Zugpferd zu höheren Weihen davon galoppiert. Bis November wäre definitiv zu wenig Zeit vorhanden, um jemanden Neuen aufzustellen und entsprechend bekannt zu machen.

Sechster Punkt: Noch haben die neuen SPÖ-Stadtregierungsmitglieder die Möglichkeit, Dinge, die schiefgelaufen sind - Stichwort Krankenhaus Nord -, auf ihre Vorgänger zu schieben und sich zu distanzieren, bevor diese Probleme sozusagen eingemeindet werden. Denn allein der derzeit laufende U-Ausschuss ermöglicht es der Opposition, über einen langen Zeitraum die Probleme scheibchenweise der Öffentlichkeit zu präsentieren und sie mit der SPÖ zu verknüpfen.

Siebenter Punkt: Die "neue" Wiener SPÖ ist im Großen und Ganzen gut aufgestellt und hätte noch die Möglichkeit, den Rückenwind dieser Aufbruchsstimmung zu nutzen.

2019 auch AK- und EU-Wahl

Aber aus derzeitiger Sicht dürfte sie das nicht tun. Zu groß scheint die Angst vor der Möglichkeit von Türkis-Blau auch auf Wiener Ebene. Das nächste Zeitfenster wäre im März 2019. Da würden ÖVP und FPÖ wahrscheinlich noch immer von der Ratspräsidentschaft erholen, müssten sich aber bereits auf die EU-Wahl im Mai vorbereiten. Für den Termin spricht außerdem die Arbeiterkammerwahl, die ebenfalls im März stattfindet - die rote Gewerkschaft wird hierfür wohl alle Mobilisierungskräfte auffahren, die sie zur Verfügung hat und das könnte sich auch dementsprechend auf die Wien-Wahl auswirken.

Inzwischen hätten sich aber Grüne und Neos schon neu ausgerichtet bzw. wieder ihr Profil geschärft und es würde für die SPÖ immer schwieriger werden, einen Grund zu finden, um die Grünen abzuservieren. Denn je größer der Eklat, desto kleiner die Koalitionsmöglichkeiten der SPÖ. Und das Ganze verstärkt sich mit fortschreitender Zeit - abgesehen davon, dass ein Zusammenfallen von EU- und Wien-Wahl nicht optimal wäre.

2020 als Plan B

Also wäre alles ab der zweiten Jahreshälfte von 2019 zu spät - und der Wahltermin am Ende doch erst im Jahr 2020. Und das wäre für die Wiener SPÖ definitiv Plan B. In diesem Fall müsste die SPÖ darauf bauen, dass sich für Ludwig bis dahin so etwas wie ein "Amtsbonus" entwickelt und er sich als Wiener Bürgermeister bereits öffentlichkeitswirksam bewährt hat.

"Ich glaube, man wartet in der SPÖ darauf, dass sich eine nachhaltige Umfrage-Delle bei der FPÖ auftaucht", meint Politologe Thomas Hofer dazu. Ansonsten ist eine vorgezogene Wahl im März am wahrscheinlichsten. Um die nötigen Fristen einzuhalten, müsste dafür das Stadtparlament im Dezember 2018 aufgelöst werden.