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Der Gaspreis steht im Großhandel wieder auf Vorkriegsniveau. Bis das bei den Konsumenten ankommt, wird das dauern.
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Der Gasmarkt erholt sich. Zumindest im Großhandel. Dort haben die Preise wegen der hohen Speicherstände und des ungewöhnlich warmen Winters wieder das Niveau vor dem Ukraine-Krieg erreicht. Kostete eine Megawattstunde Gas Ende August noch 342 Euro, liegt der Preis derzeit bei 76 Euro (siehe Grafik). Das ist der niedrigste Wert seit Mitte Februar 2022. Haushalte merken davon aber noch nichts.
Ganz im Gegenteil: Viele Verbraucherinnen und Verbraucher haben rund um Weihnachten ihre Energie-Jahresabrechnungen mit deftigen Vorschreibungen für das Jahr 2023 bekommen. Für viele hat sich die Haushaltsenergie heuer verdoppelt. Die jetzt wieder gesunkenen Großhandelspreise werden erst in ein paar Wochen bis Monaten bei den Kundinnen ankommen, meint der heimische Regulator E-Control.
Milder Winter, volle Speicher
"Ja, die Großhandelspreise sind niedriger, aber sie noch immer nicht so niedrig, wie sie vor zwei, drei Jahren waren", sagt E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Das hat zwei wesentliche Gründe: Zum einen ist der Winter so warm, dass "seit circa 20. Dezember sogar mehr Gas eingespeist wird als ausgespeist". Die Gasspeicher sind aktuell zu 87,44 Prozent gefüllt. Das ist tatsächlich ungewöhnlich, denn normalerweise wird in den warmen Monaten eingespeist und in den kalten Gas ausgespeist und verheizt.
Zum anderen ist der monatliche Gasverbrauch laut dem Energie-Dashboard des Klimaministeriums im Vergleich zum Vorjahr stark gesunken - und das schon vor dem Winter. Und: Aufgrund der geopolitisch unsicheren Lage und Russlands Gaslieferstopps haben die EU-Staaten im Sommer soviel Gas so schnell wie möglich um jeden Preis am Weltmark eingekauft und ihre Speicher befüllt, die jetzt eben weiterhin voll sind. All diese Faktoren lassen die Gaspreise jetzt wieder sinken.
Haushalte müssen warten
Dass die Haushalte vorerst nichts von dieser Entwicklung haben, liegt daran, dass "die Preise zeitverzögert an die Kunden weitergegeben werden", erklärt Urbantschitsch. "Wann genau Marktentwicklungen bei Endkundinnen und -kunden ankommen, ist auch von den unterschiedlichen Verträgen und Tarifmodellen abhängig. Wer einen Float-Tarif, also einen marktbasierten Tarif, hat, spürt diese Entwicklungen früher - Senkungen, aber eben auch Steigungen", sagt Wien-Energie-Sprecher Alexander Hoor auf Nachfrage. Aktuell sei man dabei, die Neukundentarife anzupassen, dort koste Gas wieder um 30 Prozent weniger.
Dass die Haushaltspreise jetzt sogar steigen, hat damit zu tun, dass viele Energieversorger ihren Kunden Preisgarantien für zum Beispiel ein Jahr gewähren. Sie geben also jetzt jene Einkaufspreise weiter, die sie im Sommer und in den vergangenen Monaten für die Gas- und Strombeschaffung ausgegeben haben, die sie aber wegen der vertraglichen Preisgarantie nicht sofort an ihre Kunden weitergeben durften.
"Jetzt kann ein Anbieterwechsel unter Umständen wieder interessant sein", meint Urbantschitsch. Das hänge jedoch stark vom bestehenden Tarif und vom eigenen Verbrauch ab.
"Und auch wenn das jetzt sehr unpopulär klingt, aber der Energiemarkt funktioniert noch immer dahingehend: Je mehr Energie wir einsparen können, je weniger Gas wir verbrauchen, desto stärker sinken die Preise. Und fürs Klima ist das auch gut", betont Urbantschitsch. Die aktuelle Energiekrise habe auch dazu geführt, dass erneuerbare Energieträger noch schneller ausgebaut werden; die installierte PV-Leistung hat sich im Vorjahr verdoppelt. "Die hohen Preise waren ein Aufrütteln für uns alle, bewusster mit Energie umzugehen", so der E-Control-Chef.