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Am Mittwoch wird die Europäische Kommission ihre Positionen zu den Kapiteln Landwirtschaft, Strukturpolitik sowie Budget und Finanzen in den Verhandlungen mit den EU-Kandidatenländern präsentieren. Das werde sicherlich "einigen Staub aufwirbeln", so Kommissar Franz Fischler.
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Das europäische Agrarsystem ist reformbedürftig. In den kommenden Wochen und Monaten, wo die EU-Beitrittsverhandlungen in die abschließende und entscheidende Phase treten sollten, wird sich das umso deutlicher zeigen. "Unser Fördersystem muss in der Welthandelsorganisation weniger angreifbar werden", betonte EU-Agrarkommissar Franz Fischler beim Europa-Seminar des "Europäischen Forum Alpbach" am Wochenende in Innsbruck. Die "sektorale Landwirtschaft" in der EU müsse sich zum "ökologischen Landbau" hin entwickeln. Gerade im Hinblick auf die Kandidatenländer - sonst drohe dort in den nächsten Jahren eine Entvölkerung.
Das Problem ist: In den mittel- und osteuropäischen Reformländern hat die Landwirtschaft einen Anteil an der Gesamtwirtschaft von durchschnittlich 30 Prozent. Sollte das derzeitige Fördersystem von Direktzahlungen beibehalten werden, sei die Erweiterung nicht mehr finanzierbar, gab auch Hans Brunmayr, Österreichs stv. Generaldirektor im Rat der EU, beim Europa-Symposium zu bedenken. Übergangsfristen werden daher notwendig sein.
Tatsächlich ist bereits durchgesickert, dass die Kommission den Beitrittsländern bei den Agrarsubventionen eine zehnjährige Übergangsphase anbieten werde. Die Zuschüsse sollen im Jahr 2004 auf einem Niveau von 25 Prozent der derzeit in der EU geltenden Höhe beginnen.
Das Kapitel Landwirtschaft ist umso problematischer zu verhandeln, als in der ersten Hälfte des heurigen Jahres eine Zwischenbilanz ("midterm review") über den bis 2006 festgelegten Finanzrahmen gezogen werden soll. Die verantwortlichen EU-Politiker werden nicht müde zu betonen, die "midterm review" solle nicht mit den Agrarverhandlungen in den Beitrittsgesprächen verquickt werden. Doch in den beiden größten Mitgliedstaaten, Frankreich und Deutschland, finden im Frühjahr bzw. im Herbst Parlamentswahlen statt. Beide Länder wollen an den Agrarförderungen, die sie derzeit bekommen, festhalten. Die politisch brisante Zwischenbilanz über die Landwirtschaft könnte sich daher bis zum Herbst (nach den deutschen Wahlen) verzögern. Generaldirektor Brunmayr befürchtet, dass sich somit die Beitrittsverhandlungen verzögern könnten. "Dann geht sich´s nicht aus", dass alle Kapitel noch heuer abgeschlossen werden sollen. Entsprechend skeptisch ist Brunmayr auch, dass Anfang 2004 die neuen Mitglieder der EU beitreten.
Eine ebenso heiße Kartoffel sind die Strukturfonds, die derzeit vor allem von Spanien verteidigt werden. Die amtierende Ratspräsidentschaft gebe vor, die EU-Erweiterung habe für sie oberste Priorität. Tatsächlich sei Spanien aber der Kampf gegen den Terror wichtiger, um gegen die ETA vorgehen zu können, moniert Brunmayr. Zudem habe sich Spanien ohnehin das Einstimmigkeitsprinzip bei der Finanzplanung bis 2007 ausverhandelt.