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Warten auf Mario Monti

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Berlusconi und Zentrumsparteien drängen auf Antreten, Bersani warnt.


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Rom. Silvio Berlusconi, der offensichtlich nicht mehr mit einem Sieg seiner Mitte-Rechts-Koalition rechnet, hat Mario Monti als Kandidat der "gemäßigten Kräfte" für das Amt des Regierungschefs vorgeschlagen, nachdem er dessen Regierung ein Paar Tage zuvor das Vertrauen entzogen hatte. Die alten und neuen Zentrumsparteien hoffen auf einen Zusammenschluss und eine gemeinsame Liste mit dem Namen Montis bei der vermutlich Ende Februar stattfindenden Parlamentswahl. Der Chef der Demokratischen Partei(PD) Pier Luigi Bersani versuchte bei einem Treffen am Montagabend neuerlich, Monti von einer Kandidatur abzuraten. Seit Tagen machen Spekulationen die Runde, dass Monti im Mai die Nachfolge von Staatspräsident Giorgio Napolitano antreten könnte oder dass er nach einem Wahlsieg der PD als Superwirtschaftsminister in die neue Regierung einziehen könnte.

Mario Monti hat sich bei dem Treffen mit Bersani bedeckt gehalten wie schon in den letzten Wochen. Es wird erwartet, dass er am kommenden Freitag nach seiner Demission über seine politische Zukunft und eine eventuelle Kandidatur äußern wird.

Dabei kann Monti, der am 9. November 2011 von Staatspräsident Napolitano zum Senator auf Lebenszeit ernannt worden war nach Meinung von Verfassungsjuristen eigentlich gar nicht als Kandidat für den Senat, in dem er schon sitzt oder für das Abgeordnetenhaus antreten. Außer er legt sein Amt als Senator auf Lebenszeit zurück, was in der Geschichte der italienischen Republik aber erst einmal passiert ist, als der Dirigent Arturo Toscanini am 6. Dezember 1949 auf seine am Tag zuvor erfolgte Berufung durch den damaligen Präsidenten Luigi Einaudi verzichtete.

Monti bekäme Stimmen vorallem aus dem linken Lager

Nach mehreren Meinungsumfragen der letzten Tage käme eine Liste mit dem Namen Monti ohne Kandidatur des scheidenden Premiers kaum über vier Prozent hinaus. Nur eine von Monti angeführte Liste würde derzeit rund 11 bis 15 Prozent der Stimmen erreichen und läge damit ungefähr bei jenen Werten, die zuvor Berlusconis Volk der Freiheit (PdL) beziehungsweise die populistische 5-Sterne-Bewegung des Komikers Beppe Grillo in den Prognosen erreicht hatten. Eine Liste Monti würde nach Ansicht der Meinungsforscher vor allem Stimmen aus dem linken Lager abwerben. In der Umfrage, die seine Liste bei 11 Prozent sieht, kämen sieben Prozent von Bersanis PD, 3 Prozent von Berlusconis PdL und ein Prozent von den anderen Parteien. Keine der Umfragen sieht derzeit aber eine Chance für eine Mehrheit einer von Monti geführten Partei, die sich nur mit einer anderen politischen Gruppierung zu einer Koalition zusammenschließen könnte und damit zwischen Hammer und Amboß geraten könnte.

Staatspräsident Giorgio Napolitano hat bei seinem Weihnachtsempfang für die Spitzen des Staates, wo er sich bedauernd und besorgt über das vorzeitige Ende der Legislaturperiode äußerte, auch klargestellt, dass er gegen seinen Willen auch den nächsten Auftrag zur Regierungsbildung erteilen werde und dass er anders als im November 2011 eine Entscheidung auf der Basis des Wahlresultates fällen werde. Eine neuerliche Betrauung Montis wäre damit hinfällig, wenn sich nicht im Wahlkampf die politischen Gewichte entscheidend verschieben. Napolitano warnte die Parteien auch, im Wahlkampf das in der Regierungszeit Montis wiedererworbene Vertrauen für Italien aufs Spiel zu setzen.

Tatsächlich haben sich in den letzten Tagen auf internationaler Ebene viele Stimmen vernehmen lassen, die einen Verbleib Montis wünschen. So sprachen sich führende Politiker der Europäischen Volkspartei, wie deren Präsident Wilfried Martens, aber auch die Regierungschefs von Deutschland und Luxemburg, Angela Merkel und Jean-Claude Junckers, für einen Verbleib Montis im Amt des Regierungschefs aus und auch US-Präsident Barack Obama ermutigte Monti zu einer Wiederkandidatur. Diese Aufforderungen sind in allererster Linie vor dem Hintergrund des Wiederauftauchens von Silvio Berlusconi zu sehen, dessen Partei unterdessen in immer stärkere Turbulenzen gerät. Der rechte Flügel der PdL um den früheren Verteidigungsminister Ignazio La Russa kündigte den Austritt aus der Partei und die Gründung einer eigenen Wahlliste an, die unter dem Namen "Centrodestra nazionale" (Nationale Mitte-Rechtsbewegung) antreten und eine Listenverbindung mit der PdL eingehen will.

Die neue Partei besteht überwiegend aus Politikern, die früher der postfaschistischen Alleanza Nazionale angehört hatten, die sich mit Berlusconis Forza Italia und mehreren Splittergruppen im März 2009 zur PdL zusammengeschlossen hatte. Die Mitglieder der neuen Gruppe hatten immer ein distanziertes Verhältnis zu Monti.