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Warum Ärzte bei der Covid-Impfung mitreden sollten

Von Renate Heinz

Gastkommentare
Renate Heinz ist Fachärztin für Innere Medizin mit den Zusatzfächern Hämatoonkologie, Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin, Humangenetik (www.renateheinz.at).
© Pedro Hofmann

Konstruktive Vorschläge zur Impfpflicht aus einer Ordination.


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Als niedergelassene Wahlärztin in Wien vernahm ich mit Befremden, dass Impfbefreiungen aus dem Einflussbereich der behandelnden Ärzte genommen werden sollen. Ich wehre mich gegen den Pauschalverdacht, Gefälligkeitsgutachten zu erstellen. Die meisten Wahlärzte können noch auf ein ungestörtes Vertrauensverhältnis zu ihren Patienten bauen, das nicht von der eigenen Standesvertretung untergraben werden sollte. Ein paar Vorschläge zur Deeskalation, ehe sich auch in unseren Reihen eine Spaltung auftut:

Reden wir offen und respektvoll miteinander. Vermeiden wir paternalistisches Gehabe: hier hochkarätige Experten, die Daten statistisch interpretieren und dort die "nieder"-gelassene Ärztin. In einer Ordination geht es nicht um Statistiken, sondern um kranke Menschen. Durch das ärztliche Gespräch können wahrscheinlich mehr zögerliche Menschen überzeugt werden, wenn wir Ärzte rechtzeitig eingebunden werden. Wenn sich Beobachtungen aus der gelebten Praxis nicht mit der Wissenschaft decken, kommen Zweifel, die gehört und diskutiert werden sollten. Immer mehr Ärzte und Patienten flüchten aus dem "System", weil ihre Anliegen ignoriert werden. Die Komplementärmedizin sollte nicht zum Feindbild werden - sie ergänzt manches, wofür die sogenannte Schulmedizin keine Antwort hat. Das haben wir in der Onkologie gelernt. Die Covid-Impfung ist freilich nicht ersetzbar! Die laufenden Änderungen erfordern aber auch wiederholte Gespräche (bezahlt und nicht "gedeckelt"). Der Gesprächsbedarf ist ein Hauptgrund, warum Wahlarztordinationen florieren.

Nehmen wir die Klagen der Geimpften über ihre Nebenwirkungen ernst. Die wenigsten wissen, dass sie vermutete Impfnebenwirkungen auch selbst beim Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen melden können (www.basg.gv.at). Es dürfte mehr protrahierte Nebenwirkungen geben, denen zu wenig Beachtung geschenkt wird. Hier ist die Dokumentation womöglich auch durch einen Mangel an Meldungen lückenhaft.

Auch überzeugte Impfanhänger verzweifeln, wenn sie mehrere Tage nach der Impfung aufgrund von heftigen Impfreaktionen arbeitsunfähig sind. Eine Lösung für die Zukunft wären Tests, die Auskunft darüber geben, ob die Immunität ausreicht, um vor Covid geschützt zu sein. Neben Antikörpertests lassen sich auch die zelluläre Abwehr und weitere Biomarker messen. Ich vertraue darauf, dass solche Tests massentauglich werden. Bei FSME etwa ist das ja auch gelungen.

Wählen wir unsere Worte sorgsam. Katastrophenmeldungen machen Angst und motivieren zum Verdrängen. Als Onkologin weiß ich, wovon ich spreche. Beim "dritten Stich" schüttelt es mich mittlerweile fast so sehr wie einen Nadelphobiker!

Denken wir miteinander nach und kämpfen wir nicht gegeneinander. Wir stehen manchmal auf verschiedenen Seiten eines Grabens - wenn wir die Pandemie nicht in den Griff bekommen, purzeln wir alle hinein.