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Warum der Goldpreis trotz Krisen nicht in Fahrt kommt

Von Karl Leban

Wirtschaft

Performance leidet unter Dollar-Stärke und höheren Zinsen, Comeback im Fall einer Rezession und bei Zinssenkungen.


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Gold gilt Anlegern im Allgemeinen als Krisenschutz. Gerade gegenwärtig gibt es eine Vielzahl an geopolitischen und ökonomischen Krisen, die im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg, dem Taiwan-Konflikt, der hohen Inflation, der unsicheren Energieversorgung in Europa, dem weltweiten Lieferkettenchaos und der noch nicht ausgestandenen Corona-Pandemie stehen. Deshalb wäre es eigentlich naheliegend anzunehmen, dass all diese Miseren den Preis für das gelbe Edelmetall kräftig befeuern. Was sie aber ganz und gar nicht tun. Seit Jahresbeginn sind Investoren - nach einer turbulenten Achterbahnfahrt - mit einem kleinen Minus von etwas mehr als einem Prozent konfrontiert.

Nur kurz kam der Goldpreis heuer in Fahrt. Von Ende Jänner bis Anfang März legte er - vor allem wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine am 24. Februar - um 14,5 Prozent zu. Doch diese Hausse, die den Preis mit knapp 2.050 US-Dollar pro Feinunze (31,1 Gramm) wieder in die Nähe seines im Sommer 2020 erklommenen Rekordhochs (2.071,69 Dollar) brachte, währte eben lediglich ein paar Wochen. Danach ging es bis in die zweite Juli-Hälfte hinein tendenziell bergab - alles in allem um rund 17 Prozent auf ein Jahrestief von knapp unter 1.700 Dollar.

Euro-Basis im Plus

Gold scheint dieses Jahr also nicht gerade populär zu sein. Dennoch findet Ronald-Peter Stöferle, Fondsmanager beim liechtensteinischen Vermögensverwalter Incrementum, dass sich das gelbe Metall inmitten eines Bärenmarktes bei Aktien und Anleihen, eines Marktes mit fallenden Kursen, im bisherigen Jahresverlauf "gut gehalten" hat. Zwar sei die Performance auf Dollar-Basis leicht negativ, aber auf Euro-Basis habe sich Gold seit Jahresbeginn immerhin um gut 9 Prozent verteuert.

Dass die heurige Preisentwicklung in der US-Währung, in der das Edelmetall weltweit gehandelt wird, mau ist, begründet Stöferle mit der "enormen Dollar-Stärke". In Krisenzeiten "flüchtet alles in den Dollar, und der ist durch die Decke gegangen". Nicht zuletzt auch deshalb, weil die US-Notenbank Fed mit ihren Zinserhöhungen bei der Bekämpfung der starken Teuerung "wesentlich entschlossener" vorgehe als die Europäische Zentralbank, wie Stöferle weiter erklärt. Erst vor wenigen Wochen lag der Dollar kurzfristig bereits gleichauf mit dem Euro. Zur Erklärung: Ein starker Dollar macht Gold für viele Investoren wechselkursbedingt teurer, lastet auf der Nachfrage und drückt somit dessen Preis.

Was sich auf die Performance des Edelmetalls zuletzt ebenfalls ungünstig ausgewirkt hat, sind vor dem Hintergrund der aktuellen Leitzinserhöhungen vieler Notenbanken die weltweit steigenden Kapitalmarktzinsen. Wie Stöferle dazu erläutert, seien Anleger dem Gold daher momentan "weniger zugetan". Zumal ein solches Investment im Gegensatz zu festverzinslichen Wertpapieren keine regelmäßigen Erträge abwerfe.

Positiver Ausblick

Trotzdem zeigt sich der einst für die Erste Bank tätige Goldexperte für die weitere Preisentwicklung zuversichtlich. "Wir gehen heuer noch in Richtung 2.000 Dollar", betont Stöferle im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Aktuell liegt der Preis bei knapp unter 1.800 Dollar. Vor allem auf Euro-Basis sei ein "schönes Plus" zu erwarten, so der Fondsmanager.

Seinen Optimismus begründet Stöferle unter anderem mit der Erwartung einer deutlich schlechteren Konjunktur. "Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass wir ohne Rezession aus dem Jahr 2022 kommen", sagt er. In den USA etwa würden derzeit alle Konjunkturdaten nach unten weisen - vor allem beim Privatkonsum, der rund 70 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmache. Dass eine Rezession kommt, sei auch in den bereits wieder rückläufigen Rohstoffpreisen zu erkennen, meint Stöferle. Gleichzeitig steht für ihn damit fest, "dass wir das Hoch bei den Inflationsraten gesehen haben".

Und deshalb gehe der Markt derzeit - zumindest für die USA - schon von baldigen ersten Zinssenkungen aus. Für die Jahre 2023 und 2024 habe er 125 Basispunkte (1,25 Prozentpunkte) eingepreist, sagt Stöferle, um hinzuzufügen: "Sobald bei den Leitzinserhöhungen auf den Pausenknopf gedrückt wird, sodass nicht mehr angehoben wird, läutet das die Bodenbildung beim Goldpreis ein." Sein Fazit: "Eine Rezession ist ein gutes Umfeld für Gold, weil die Zinsen gesenkt und fiskalpolitische Stimuli (für die Konjunktur, Anm.) gesetzt werden."

"Militarisierung des Geldes"

Ein "zentrales Thema" bei der weiteren Preisentwicklung des Edelmetalls sieht Stöferle aber auch darin, dass die Welt nach Russlands Aggressionsakt gegen die Ukraine geopolitisch wieder geteilt ist wie einst im Kalten Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion. In diesem Kontext spricht er von einer "Militarisierung des Geldes". Da die G7-Staaten russisches Finanzvermögen eingefroren hätten, habe der Status des US-Dollar größere Risse erfahren. "Das Vertrauen in die Dollar-Hegemonie hat gelitten", sagt Stöferle. Gold sei da "der Profiteur". Denn Länder wie etwa China, Vietnam, die Türkei und Ägypten seien gerade dabei, ihre Dollarreserven in Goldreserven umzuwandeln. Auch dies sollte dem Goldpreis in die Karten spielen.

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