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Lord John Browne schaffte es spielend an die Spitze der vom Wirtschaftsmagazin "Business Week" erstellten Liste "Schlechteste Prognosen für 2007": Der Ölpreis werde bald wieder unter 40 Dollar fallen, meinte der damalige Chef des Ölmultis BP gegen Ende des Jahres 2006, "auf ganz lange Sicht sind 25 bis 30 Dollar vorstellbar".
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In kaum einem Wirtschaftsbereich sind die Prognosen der Experten in den vergangenen Jahren so daneben gelegen wie am Ölmarkt. OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer etwa war Ende 2002 noch davon ausgegangen, dass der Ölpreis mittelfristig wieder auf 18 bis 20 Dollar fallen wird. Wären die Prognosen des Ölbrokers PVM von 2006 eingetreten, hätte der Ölpreis wieder unter 50 Dollar fallen sollen.
Mittlerweile gehen die meisten Experte davon aus, dass Ölpreise unter 70 Dollar je Fass (159 Liter) endgültig der Vergangenheit angehören, dass kurzfristig auch 120 Dollar je Fass denkbar sind und dass längerfristig die Preise kontinuierlich weiter steigen werden. Auf 150 Dollar in fünf Jahren, auf 200 Dollar in zehn Jahren, meint etwa das deutsche Wirtschaftsforschungsinstitut DIW.
Die Verdoppelung binnen zehn Jahren wäre ein moderater Anstieg im Vergleich zur Verzehnfachung, die der Ölpreis in der abgelaufenen Dekade hingelegt hat - von knapp über zehn Dollar Anfang 1998 auf genau 100 Dollar am 2. Jänner 2008.
Dass Öl allein im letzten Jahr um fast 60 Prozent teurer wurde, geht aber nicht nur auf steigende Nachfrage bei gleichzeitig langsamer wachsendem Angebot zurück. Während früher Händler den Markt dominierten, die Öl tatsächlich kauften, es lagerten und weiter verarbeiteten, stiegen in den letzten Jahren Hedgefonds, Pensionskassen und andere renditehungrige Anleger mit ungeheuren Summen in den Markt ein - und kauften Öl nur auf dem Papier. Die Zahl der an der New Yorker Rohstoffbörse Nymex gehandelten Öl-Futures-Kontrakte hat sich seit 2001 verfünffacht, das eingesetzte Kapital - die Optionen gar nicht mitgerechnet - stieg von 7 Milliarden Dollar 2001 auf zuletzt 145 Milliarden Dollar.
Damit lässt sich einiges bewegen. Um gut ein Fünftel billiger müsste Öl sein, gäbe es die Spekulanten nicht. Die Fondsmanager haben vor allem im abgelaufenen Jahr zunehmend auf höhere Rohstoffpreise gesetzt, um sich gegen den immer schwächeren Dollar abzusichern. Und weil der Dollarverfall ihre Kaufkraft schmälert, nehmen auch die Ölexporteure gerne ein paar Dollar mehr fürs Fass. 750 Milliarden Dollar für Öl und Gas fließen heuer in die Ölstaaten des Mittleren Ostens und Zentralasiens, vier Mal so viel wie 2001.