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Warum eigentlich Integration?

Von Christian Ortner

Gastkommentare
Christian Ortner.

Wer hierzulande als Flüchtling anerkannt wird, bleibt meist für immer. Das ist falsch und ungerecht.


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Das Recht auf Asyl, hat Außenministerin Karin Kneissl, eine gelernte Juristin, klar und unmissverständlich formuliert, sei "ein Recht auf Zeit". Soll heißen: Recht auf Asyl besteht, solange Asylgründe vorliegen. Fallen diese weg, erlischt auch das Recht auf Asyl, der bisherige Asylant hat daher die Heimreise anzutreten, so keine anderen triftigen Gründe dagegensprechen.

Was Kneissl sagt, wird im linken "Juste Milieu" dieser Republik zwar regelmäßig als kalt, herzlos und menschenverachtend denunziert, ist aber bei genauerer Betrachtung schon jetzt gültiges Recht. Die Genfer Flüchtlingskonvention, sozusagen das Urmeter des Asylrechts, sieht nämlich klar die Möglichkeit vor, Asyl wieder abzuerkennen "wenn (die Person) nach Wegfall der Umstände, aufgrund derer sie als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt". Österreich hat das 2016 ins nationale Recht übernommen, ab 2019 prüft das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, ob der Aufenthaltstitel unbegrenzt verlängert oder aberkannt wird.

Trotzdem wäre es, entgegen dieser klaren Rechtslage, eine ebenso dramatische wie wünschenswerte Wende in Österreichs Asylpolitik, würde Asyl künftig tatsächlich ein Recht, das nur befristet gewährt wird. Mehr noch: Es wäre nicht nur wünschenswert, sondern auch viel fairer als der Status quo. Denn nur, wenn Migranten, die kein Recht auf Aufenthalt haben, das Land auch wieder in großer Zahl verlassen, hat der Staat im Fall einer neuen Katastrophe irgendwo in der Welt die Kapazitäten, tatsächlich Asylberechtigte aufzunehmen. Genau das ist aber in den beiden von der Migrationswelle stark belasteten Ländern Österreich und Deutschland noch immer nicht der Fall.

Asyl als Recht auf Zeit ist zwar gültiges, aber bis dato mehr oder weniger lebloses Recht. "150.000 Menschen (. . .) sind seit 2015 in Österreich gestrandet. 50 Prozent erhielten Asyl, ein Teil zog weiter, einige tausend wurden abgeschoben oder gingen freiwillig. Der Großteil blieb", beschrieb das Magazin "profil" jüngst die reale Situation. "Wer in Deutschland einmal als Flüchtling anerkannt wurde, bleibt meist für immer", analysierte die deutsche "Welt". Die Zahl jener Fälle, in denen der Staat Asylanten zurückschickt, weil ihr Asylgrund weggefallen ist, bewegt sich in Österreich wie in Deutschland in höchst überschaubaren Grenzen.

Die Gründe sind bekannt: Herkunftsländer, die sich gegen Rückführungen sträuben, lange Rechtswege, Abtauchen von Abzuschieben-
den oder Behördenineffizienz.

Gelänge es der Regierung, trotz all dieser Hindernisse tatsächlich "Asyl auf Zeit" mit Leben zu erfüllen, ließen sich die Prioritäten der Migrationspolitik endlich völlig anders gestalten. Denn wer Österreich wieder verlassen muss, weil in der Heimat keine Gefahr mehr droht, hat natürlich auch nicht die Notwendigkeit der Integration; eines gerade bei Herkunftsländern wie Afghanistan, Syrien oder Pakistan außerordentlich mühebeladenen Unterfangens mit ungewissem Ausgang.

Asyl als Recht auf Zeit ist daher eine juristische Selbstverständlichkeit, die zum Leben zu erwecken endlich jene Wende in der Migrationspolitik wäre, die das Land braucht.